Der Untertitel „Deutschland und Österreich an den Fronten 1914-1918“ macht schon deutlich, worauf es Guntram Schulze-Wegener in diesem Bildband ankommt: Dier Blick aus deutscher und österreichischer Sicht auf das Kriegsgeschehen. Der Eindruck verfestigt sich beim Blick ins Literaturverzeichnis: Dort finden sich fast nur deutschsprachige Titel (Chickering, Clark, Dupuy, Ferguson, Hobsbawm, Keegan, McMeekin und Winter sind die Ausnahmen, die ich unter den 69 Titeln gefunden habe.)
Da es sich um einen Bildband handelt, werden die Ereignisse in jedem der 16 Kapitel auf drei bis sechs Seiten Text abgehandelt. Guntram Schulze-Wegener arbeitet hier eher journalistsich, indem er auf Fußnoten und andere Belege für seine Darstellung verzichtet. Auch ungenaue Zitate hab ich bemerkt – „Urkatastrophe des letzten Jahrhunderts“ ist so als Zitat natürlich falsch, da der Satz von Kennan von 1979 sich aufs 20., also sein „aktuelles“ Jahrhundert bezog.
Noch ein paar kleine Nörgeligkeiten, damit solls aber auch gut sein:
- Guntram Schulze-Wegener übernimmt in seiner Darstellung die deutsche Sicht von vor 100 Jahren kommentarlos; zwar weist er im ersten Absatz – S. 13 – darauf hin, dass die Gründe für den ersten Weltkrieg vielfältig seien – die „Einkreisung“ Deutschlands ist dann aber ein unhinterfragter Fakt.
- Bei der Schilderung der Schlachten am Isonzo merkt man a) den Journalisten und b) den Militär an Sätzen wie „der erstaunlich festen Moral der k. u. k. Truppen“. Auch die Bezeichnung der deutschen Soldaten als „Feldgraue“ gehört in diesen Bereich.
Nun aber zu den Bildern. Der Bildteil jedes Kapitels ist mindestens so groß wie der Textteil. Da finden sich Fotos von der Front und Porträtfotografien entscheidender Männer, Karten, Zeitungsseiten und eine große Anzahl von Gemälden und Zeichnungen. Alles in allem vermitteln diese Bilder in ihrer großen Anzahl einen umfassenden Eindruck vom Kriegsgeschehen und besonders von der Propaganda. Gerade die vielen Zeichnungen und Gemälde sind hier bemerkenswert. So gibt es ein Bild von Ernst Fischer zum Kampf um das Wäldchen von Trônes von 1916 – und die deutschen Soldaten tragen hier noch Pickelhauben. Da die Bildunterschriften nur Titel und Urheber nennen, bin ich als kritische Betrachterin gefragt, um selbst dahinter zu kommen, welche Funktion das einzelne Bild denn wohl hatte. Eine spannende Aufgabe.
Eine Kuriosität am Rande: Es gibt mehrere in Öl gemalte Porträts von Kaiser Wilhelm II in verschiedenen Uniformen – die wirken so, als habe der Maler eine Schneiderpuppe mit der Uniform als Vorlage gehabt und dann den Kopf von Wilhelm II „draufgesetzt“.
Insgesamt hat der Bildband zwar deutliche Schwächen, aber eben als Bildband ist er interessant. Vor allem, weil hier mehr Bilder von den „ungewöhnlicheren“ Kampforten versammelt sind als sonst üblich – Isonzo-Schlachten, Kämpfe in Serbien, Rumänien usw. Das sind eben die Fronten, an denen Österreich kämpfte – s. Untertitel. Auch an Karikaturen ist kein Mangel, z. B. die „Humoristische Karte von Europa im jahre 1914„.
Luft- und Seekrieg, der Krieg in den Kolonien, die Situation an der „Heimatfront“, Wandel der Kriegsführung, technische und wirtschaftliche Aspekte und das Kriegsende gehören in die Reihe der 16 Kapitel. Wer sich ein Bild von den Kämpfen und den Auswirkungen des ersten Weltkriegs „an der Heimatfront“ machen will, bekommt hier reichlich Material.
Guntram Schulze-Wegener: Der Erste Weltkrieg im Bild. Deutschland und Österreich an den Fronten 1914-1918, Ares Verlag,Graz, 2014, ISBN: 9783902732248
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