Kontrafaktische Szenarien zu entwerfen ist das Mittel, mit dem Niall Ferguson versucht, dem ersten Weltkrieg und seinen Ursachen nachzuspüren. D. h. er spekuliert, was gewesen wäre, wenn …
Großbritannien nicht in den Krieg eingetreten wäre
Deutschland sich nicht umkreist gefühlt hätte
Frankreich wie geplant überrannt worden wäre
Das alles ist unterhaltsam zu lesen, es bietet sogar einige spannende Einblicke – aber nach der Lektüre so vieler Bücher zum Ersten Weltkrieg, die großenteils aktueller sind (Fergusons Buch erschien 1999 und wurde 2013 unverändert neu aufgelegt), überzeugt mich der Autor nicht.
Niall Ferguseon ist selber wirtschaftswissenschaftlich ausgbildet, was sich in manchen Passagen seines Buchs bemerkbar macht. So schreibt er zu den Freiwilligen, die sich 1914 zum Dienst meldeten:
Innerhalb der Arbeiterschaft waren Textilarbeiter unterrepräsentiert, während Bergarbeiter (vom Standpunkt der Kriegswirtschaft unvernünftigerweise) im Übermaß vertreten waren (…). S. 237)
Er rechnet vor, welches Land welche Ausgaben für Rüstung aufwendete – und welche es hätte aufwenden können. Seiner Meinung nach war Deutschland zu zögerlich auf diesem Gebiet. Eine Meinung mit der Niall Ferguson quasi allein da steht.
Titelseite der Times am 5.8.1914Ohne die Einmischung Großbritanniens hätte sich auf Kontinentaleuropa eine Struktur entwickeln können, die der heutigen EU nicht unähnlich gewesen wäre, meint er, mit dem Vorteil, die Schwächung Großbritanniens – vor allem in den Kolonien – durch die Beteiligung an zwei Weltkriegen zu vermeiden. Diese Spekulation findet sich im Schlusskapitel und sie erscheint mir sehr fragwürdig, da sie komplett unhistorisch ist.
Wenn man die Kriegsschuldfrage à la Ferguson beantworten wollte, landete man wohl bei Großbritannien. Hm.
Niall Ferguson schreibt sehr überzeugt. Einige Einzelaspekte regen zum Nachdenken an. Doch insgesamt ist mir der Tenor des Buchs zu spekulativ. Das scheint aber seine Spezialität zu sein: Virtual History heißt ein anderes Buch von ihm.
Niall Ferguson: Der falsche Krieg. Der Erste Weltkrieg und das 20. Jahrhundert, deutsch von Klas Kochmann, Pantheon Verlag, München, 2013, ISBN: 9783570552001
Als der Krieg zu Ende war, gab es - keinen Frieden. Das gilt wohl für die meisten Kriege. Auch für den ersten Weltkrieg, wie Anton Holzer in seiner Bild-Text-Sammlung noch mal deutlich macht. Wie schon…
Als der Krieg zu Ende war, gab es - keinen Frieden. Das gilt wohl für die meisten Kriege. Auch für den ersten Weltkrieg, wie Anton Holzer in seiner Bild-Text-Sammlung noch mal deutlich macht. Wie schon…
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Published byHeike Baller
Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.
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