Wieder ein Kunsthistoriker, der sich der Weltgeschichte annimmt – hier allerdings wirklich Weltgeschichte. Loel Zwecker beginnt mit den ersten Menschen – im Vorwort, aber immerhin – und schildert dann die alten Kulturen. Nach drei Kapiteln Antike & Co im im weitesten Sinne europäischen Raum macht er einen Schlenker nach Asien und geht auf die Hochkulturen in Indien und China ein. Es folgt das europäische Mittelalter – danach ein Blick nach Amerika und Australien zu selben Zeit.
Das Prinzip ist jetzt klar, nicht wahr? Es wird auch sprachlich immer bewusst gehalten, dass es nicht nur um die gerade behandelte Zeit geht, sondern es wird immer der Bezug zur Gegenwart, zumindest aber zum weiteren Verlauf der Geschichte betont. Und eben auch über die üblichen Verdächtigen hinaus – gerade auf dem Gebiet ist das Buch ein echter Gewinn, denn wer weiß als normal europäisch, resp. deutsch ausgebildeter Mensch schon was über die Erziehungsmethoden der nordamerikanischen Indianer oder die Hintergründe chinesischer Machtstrukturen in vorchristlicher Zeit?
Loel Zwecker schildert unterhaltsam, er kürzt langwierige Entwicklungen pfiffig ab – und das ist ein Knackpunkt des Buches.
Vorweg: Ein solche Überblicksdarstellung ist immer, immer, immer subjektiv. Es ist erstaunlich, was der Autor alles weiß. Im Gegensatz zu Philipp Blom gibt es hier allerdings kein Literaturverzeichnis – wahrscheinlich wäre es ähnlich dick wie das Buch selber.
Eine solche subjektive Sicht – die eben systemimmanent ist – verbunden mit der kurzen Darstellung führt zu manchmal fehlerhaften oder verzerrten Darstellungen. Wenn ich Loel Zwecker richtig interpretiere, hat er einen starken Vorbehalt gegen Religion – grundsätzlich. Deshalb sind seine Schilderungen religiös motivierter Entscheidungen spitz formuliert und völlig 21. Jahrhundert. Zu Thomas von Aquin sagt er:
… Kirchenlehrer wie Thomas von Aquin (um 1225-1274), die damals abgehoben wissenschaftliche, aus heutiger Sicht offenkundig absurde Gottesbeweise und -strafen ausklügeln (S. 147)
Auch die Darstellung von Heinrich I und Otto I als Gründer des deutschen Reiches ist heutzutage überholt – macht sich aber irgendwie immer gut.
Meine Kenntnisse aus Studium und Interressenslage finden sich in diesen zitierten Bereichen – Ihre sind wahrschienlich anderswo gelagert; passen Sie doch mal auf, welche Fehlinterpretationen Ihnen bei diesem Buch auffallen 😉
Grundsätzlich finde ich Loel Zweckers Buch lesens- und empfehlenswert. Wichtig ist in meinen Augen nur, dass man die Subjektivität der Darstellung und ihre Verkürzung im Hinterkopf behält.
Loel Zwecker: Was bisher geschah. Eine kleine Weltgeschichte, Pantheon Verlag, München, 2010, ISBN: 9783570551271
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