Ja, das ist eine Musik-CD. Und es ist eine unterhaltsame, lehrreiche Geschichtsstunde zum Gang nach Canossa , wie er im 19. Jahrhundert verstanden und interpretiert wurde. In Gedichten und Liedern. Liederjan sind ja Spezialisten in der Aufbereitung kritischer Lieder aus vielen Jahrhunderten (Diskographie 😉 ) und die Moderationstexte sind Legende. Ich weiß, wovon ich rede!
Ich habe die CD heute noch mal gehört, mich köstlich amüsiert, einen Einblick in die Gedankenwelt unterschiedlicher Protagonisten der Politik und Kirchenpolitik im 19. Jahrhundert gewonnen und mich an der musikalischen und verbalen Präsentation erfreut; Jörg bezeichnet die drei (damalige Formation: Jörg Ermisch, Klaus Irmscher und Hanne Balzer) an einer Stelle als „Hobbykatholiken“, was Hanne ein herzhaftes Gekicher entlockt – die Live-Atmosphäre ist gut eingefangen.
Als ich die CD vor ein paar Jahren das erste Mal hörte, dachte ich, eigentlich sei die echt

unterichtstauglich (ja, ja, als Mutter von Schulkindern kommen mir dann solch profane Ideen): Inhaltlich beginnt Jörg mit einer Moritat zum Gang nach Canossa so richtig schön mit „Heinrich Vier“ und dem Papst, der sich bei Mathilde verkriecht – der Ablauf und auch die Hintergründe sind korrekt wiedergegeben. Im weiteren Verlauf kommen lauter Texte aus dem 19. Jahrhundert dran (aus dem Kladderadatsch, von Hoffmann von Fallersleben und aus katholischen Quellen), die das Verhältnis von geistlichen und weltlichen Machthabern – völlig parteiisch – ausleuchten. Abwechslungsreich musiziert und vorgetragen, mit Charme und Pfiff – ich find die CD klasse und kann sie nur empfehlen.
Liederjan: Einmal Canossa und zurück. Von Päpsten und Preußen – zwischen Halleluja und Habacht, pläne records, 2007, zu beziehen über Liederjan.
Einige der Texte, die in meiner Lesung zu politischer Lyrik vorkommen, sind übrigens Ergebnis meines zeitweise exzesssiven Liederjan-Platten-Konsums: Da habe ich sie kennengelernt …
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