Picknick im Dunkeln von Markus Orths

Picknick im Dunkeln von Markus Orths

Ehrlich gesagt, sagte mir der Name Markus Orths gar nix, als ich den Tipp meiner Buchhändlerin zu diesem Buch sah. Aber wenn sie was empfiehlt, dessen Klappentext mich anspricht – das passt schon.

Und wie es passte!

Was erzählt Markus Orths?

Stan Laurel trifft Thomas von Aquin.

Versuchen Sie mal einen Moment, sich solch ein Treffen vorzustellen.

Und – haben Sie ein Bild dafür gefunden?

Sicher nicht das, das Markus Orths verwendet. Bei ihm stößt Arthur Stanley Jefferson, Künstlername Stan Laurel, in einer undurchdringlichen Finsternis auf einen Menschen, indem er über ihn stolpert. Im Wortsinne. Nach einiger Zeit des Schweigens, beginnen die beiden ihr Gespräch.

700 Jahre liegen zwischen ihnen. Sie leben in völlig unterschiedlichen Welten. Thomas kann sich die Welt um 1965 nicht vorstellen. Film? Feuerzeug? Amerika? Motoren? Kant?

Ein altes Gemälde mit Thomas von Aquin für das Buch von Markus Orths.
Auf diesem Gemälde von Fra Bartolommeo trägt Thomas die Kapuze, die Stan im Dunkeln tastet

Trotz seiner guten, wenn auch für Stan altmodischen Englischkenntnisse muss er seinen Gefährten immer wieder bitten, ihm zu erklären, was sich hinter diesen Wörtern verbirgt.

Im Laufe der Gespräche wird deutlich, dass die grundlegenden Themen zeitlos sind. Ja, das ist eine Binse – aber Markus Orths baut diese Erkenntnis geschickt und sehr situations- und personenbezogen ein. Denn jeder der beiden hat seine Geschichte. Die erfahre ich so nach und nach. Kindheit und Jugend im 13. und zu Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die unterschiedlichen Lebensentwürfe. Besonders in Sachen Lachen.

Der Philosoph analysiert den Komiker – der Komiker zeigt dem Philosophen ein Manko in seinem Leben auf. Beide vertrauen einander – bis zum Schluss.

Und nein, ich erzähle hier nicht mehr – diese Fahrt durch die Dunkelheit, durch die Lebensentwürfe und die Lebensziele sollen Sie schon selbst absolvieren. Ich finde, es lohnt sich.

Wie erzählt Markus Orths?

Ich habe eine Menge Formulierungsglanzstücke und -stückchen beim Lesen entdeckt. Meist sind es kleine Satzpartikel, die in ihrem Kontext dem Text Farbe, Struktur und Lebendigkeit verleihen. Sie hier, aus dem Zusammenhang gelöst, zu zitieren, ist nicht hilfreich, um ihre Wirkung im Text zu erahnen. Deshalb lass ich das. Insgesamt wechseln viele Dialoge mit den Innensichten von Stan ab – der mittelalterliche Thomas ist dem Erzähler offensichtlich „zu weit weg“.

Doch da gibt es am Ende, ganz am Schluss noch eine bezaubernde Volte. Noch dazu eine, bei der die gründliche Rechercheleistung des Autors deutlich wird.

Ich kann das Buch sehr empfehlen. und tu das hiermit 😉

Markus Orths: Picknick im Dunkeln, Carl-Hanser-Verlag, München, 2020, ISBN: 9783446265707

Die Stadtbibliothek Köln hat das Buch und das E-Book im Bestand.

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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