Bisher kannte ich den Namen Maya Angelou nicht. Bis ich in einer Berliner Buchhandlung den farbenfrohen Band „Phänomenale Frauen“ entdeckte. Also ging ich davon aus, dass es sich um eine Lyrikerin handelt.
Wer war Maya Angelou?
Lyrikerin war sie auch. Aber eben auch. Sie hat viel geschrieben, auch über sich selbst, zum Beispiel die Autobiografie „Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt“.
Sie war Tänzerin, Sängerin, politische Aktivistin, Professorin, Journalistin und sehr viel unterwegs. Als Afroamerikanische Künstlerin hat sie Geschichte miterlebt; hat als Freundin und politische Weggefährtin von Malcolm X und Martin Luther King Jr deren Bewegung unterstützt und ihre Ermordung betrauert.
Haben Sie noch Amanda Gorman vor Augen, die bei der Inauguration von Joe Biden ihr Poem „The Hill We Climb“ rezitierte? 1993 war Mayer Angelo die erste afroamerikanische Dichterin, die dort stand und ein Gedicht zur Inauguration rezitierte. Sie lebte ein bewegtes und bewegendes Leben.
Und die Gedichte?
Es handelt sich um eine Auswahl und das Thema lautet, wenig überraschend, „Frauen“. Sie blättert darin die Lebensmöglichkeiten und sehr viele -wirklichkeiten auf. Die Frauen, die sie vorstellt, sind sehr unterschiedlich:
- die verlassene Frau, die ihre Nachfolgerin bedauert
- die Fabrikarbeiterin, die die Samstagnacht feiert
- und immer wieder Schwarze Frauen, die dem Schicksal widerstehen.
Maya Angelou schreibt sehr bildhaft. Ihre Sprache ist rhythmisch und oft an ungewohnten Stellen auch gereimt.
Auch Afrika ist eine Frau – ich zitiere den Anfang ihres Gedichts (S. 24):
Africa Thus she had lain sugarcane sweet deserts her hair golden her feet mountains her breasts two Niles her tears. Thus she had lain Black through the years.
Die Übersetzerin Judith Zander überträgt diese Zeilen so (S. 25):
Afrika So hatte sie gelegen voll Zuckerrohrsüße Wüsten ihre Haare golden ihre Füße Berge ihre Brüste Zwei Nile ihre Tränen. So hat sie gelegen Schwarz durch Äonen.
Das macht deutlich, wie schwieirg Nachdichten ist: Es ist ein anderes Versmaß und damit ein anderer Rhythmus und eine andere Dringlichkeit. Da ich nicht sooo gut im Englischen bin, hilft mir die Übertragung schon beim Verständnis. Doch muss ich sagen, dass ich meist das Original vorziehe – nach Lektüre der Übertragung ;-).
Der Klappentext lautet: „Für Millionen Frauen in den USA begann das eigene Selbstvertrauen mit einem Gedicht von Maya Angelou.“ Lyrik spielt offensichtlich in den USA eine offiziellere und allgemeinere Rolle als bei uns. Oder kennen Sie eine Dichterin, die in Deutschland Hundertausende von Frauen so beeinflusst hätte?
Der Band mit dem farbenfrohen Cover (von Leanne Shapton) ist auf jeden Fall eine Entdeckung für mich gewesen. Vielleicht gucke ich in Sachen Lyrik jetzt doch mal über den Großen Teich 😉
Maya Angelou: Phänomenale Frauen, übersetzt von Judith Zander, Suhrkamp Verlag Berlin 2020, ISBN: 9783518470985
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