Lavalette von Golo Mann

Lavalette von Golo Mann

Am liebsten würde ich die ganze Zeit einfach nur ein paar Sätze zitieren, denn Golo Mann schreibt einen wunderbar elaborierten Stil. Aber erst einmal zum Inhalt: Der Historiker Golo Mann hat sich, so der Untertitel, „Eine Episode aus napoleonischer Zeit“ vorgenommen. Er beginnt wie ein Historiker mit der Geschichte von Antoine-Marie Lavalette, der nach dem Willen seines Vaters Kaufmann werden sollte, in den Wirren der Revolution aber einen anderen Weg einschlug, als fähiger Offizier ein Adjutant Napoleons im italienischen und ägyptischen Feldzug wurde und auf dessen Geheiß hin eine Verwandte von Joséphine Beauharnais ehelichte.

1801 erhielt er erst einen Posten als  Gesandter in Dresden und dann die Stelle des Generalpostmeisters – eine wichtige Position, denn dazu gehörte auch die Zensur und die Ausstellung von Pässen. Engste Zusammenarbeit bestand mit einem alten Bekannten von mir: Joseph Fouché (Stefan Zweigs Darstellung von Fouchés Leben gehört seit meiner Jugend zu einem meiner Lieblingsbücher). Die Geschichte ist gut belegt – die Degradierung unter den wieder eingesetzten Bourbonen, die Rückkehr auf seinen Posten nach Napoleons Flucht von Elba, der Verrat Fouchés, Gefangennahme und drohende Todesstrafe. Das mit der darauffolgenden Zeit lasse ich jetzt mal weg – ein bisschen Spannung darf ja bleiben.

Wie Golo Mann nun auf gerade mal 50 Seiten erzählt, das hat Charme, ist nicht immer leicht verständlich, macht aber eine Menge Spaß. Beispiel gefällig?

Houdetot - Lavalette, conseiller d'Etat
Eine Zeichnung von Frédéric Christophe d’Houdetot, die Rückenansicht von Lavalette

Aber die Frauen mochten ihn; die Männer, die großen Herren des Kaiserreiches, auch , zumal er seines Amtes vortrefflich und, soweit er durfte, auch menschenfreundlich waltete. S. 8.

Am Sonntag, den 7. Januar, wurde auf der Place de Grève ein Pfahl aufgestellt mit einer Tafel daran: Name, Verbrechen, Urteil. Zwei Gendarmen hatten das Ding zu schützen, aber nichts zu lachen. Das Volk von Paris lachte hell. (S. 37)

Ein Zufallsfund in der Bibliothek war das – er hat sich gelohnt.

Golo Mann: Lavalette. Eine Episode aus napoleonischer Zeit, Manesse Verlag, Zürich, 1987, ISBN: 3717581120

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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