Krimi-Reihen in meinem Sommer

Krimi-Reihen in meinem Sommer

KI lässt mich bei meinem Hauptjob schwitzen – statt seriöser Literatur gab es deshalb diesen Sommer vor allem einige Krimi-Reihen, die ich mir angeschaut habe.

Die Reihe um Frau Morgenstern

Frau Morgenstern heißt Violetta mit Vornamen, ist pensionierte Grundschullehrerin und eine Verfechterin von Gerechtigkeit. Im ersten Band „Frau Morgenstern und das Böse“ bekommt sie einen Job, der zu dieser idyllischen Beschreibung nicht zu passen scheint: Sie wird Vollstreckerin in einer Schweizer Behörde, die es nicht gibt: Tell, eine wohl organisierte und effiziente Behörde, die Menschen liquidiert, deren Tod die Regierung wünscht.

Hoppla!

Aber Violetta Morgenstern ist das Töten nicht unvertraut. In einigen Rückblicken erfahre ich als Leserin, wen sie so alles warum und ungestraft (!) auf dem Gewissen hat. Das Leben als Auftragkillerin passt zu ihr. Ist jedoch nicht ungefährlich. Aber wer hier wilde Schieß- und Kampfszenen erwartet: Sorry, die Tode von Tell sehen total natürlich aus.

Ihr Kollege heißt Miguel Schlunegger, ein Irak-Veteran und großartiger Scharfschütze.

Tell verfügt über Sonderrechte in allen möglichen Bereichen und hat großartige IT- und Technik-Leute; fast nichts ist unmöglich.

Marcel Huwyler hat einen überzeugenden Kosmos geschaffen, in dem die Rädchen nach ein bisschen Ruckeln reibungslos ineinandergreifen. Miguel und Violetta haben einen eigenen Humor. Ihr Job bietet ihnen Gelegenheit für viele Wortspiele.

Nebenbei gibt es von beiden auch immer Persönliches – vor allem Familiengeschichten, die es schwer in sich haben.

Schweizer Ausdrücke garnieren das Ganze immer mal wieder – nicht aufdringlich, nur so ein bisschen Lokalkolorit. Ein Lesevergnügen.

Marcel Huwyler: Frau Morgenstern und das Böse, Grafiti Verlag, Köln, 2019, ISBN: 9783894256296

Frau Helbing – die nächste meiner gelesenen Krimi-Reihen

Frau Helbig ist ein ganz anderes Kaliber als Frau Morgenstern. Nix Bildung und reichlich Geld. In der ersten Szene sitzt die verwitwete Schlachtersgattin das erste Mal in ihrem Leben in einem klassischen Konzert. Und bestaunt die Instrumentalist*innen. Besonders die Oboen – aus ihrer Sicht ist das anstrengend und sie geht so richtig mit. Ich konnte sie so gut verstehen – Oboist*innen tun mir irgendwie auch immer leid. Sorry.

Anlass für den Konzertbesuch ist aber nicht jemand mit Oboe, sondern mit Fagott. Ihr netter Obermieter, ein Fagottist, hat ihr und ihrer Freundin Karten geschenkt. Danach gibt es noch einen Sektempfang – für Frau Helbing eine völlig fremde Welt.

Tja, der Fagottist hat nicht mehr lange zu leben – wie der Titel des ersten Bandes schon verrät. Und Frau Helbing ist die Einzige, die sich wundert, wie es drei Wespen auf einmal geschafft haben, den Allergiker in seinem eigenen Badezimmer in die Füße zu stechen. Natürlich ist sie für alle die komische Alte. Die aber alle Sinne beisammen hat und in der Not auch mit einem Nachtsichtgerät einem Mörder entkommt.

Eberhard Michaely hat neben der Hamburger Alten noch einiges an pittoreskem Personal zu bieten. Ein Vergnügen – mit ein paar Schwächen, wenn der Erklärbär mit dem Autor durchgeht

Ansonsten – ein vielversprechender Auftakt. Auch der zweite Band hält, was der erste verspricht.

Eberhard Michaeli: Frau Helbing und der tote Fagottist, Oktopus by Kampa, Zürich, 2021, ISBN: 9783311702504

Die letzte meiner Krimi-Reihen spielt in Aix-en-Provence

Hier geht es wieder um „richtige“ Ermittler. Naja, fast – Antoine Verlarque ist Untersuchungsrichter, doch seine Partnerin in Leben und Beruf, Marine Bonnet, ist Jura-Professorin. Außerdem gibt es noch einen „normalen“ Beamten – Kommissar Paulik. Seine Frau Hélène arbeitet auf einem Weingut – im Laufe der Reihe auf einem quasi eigenen.

Mary L. Longworth führt ihr Personal peu à peu ein – gerne mit Szenenwechseln zwischen den einzelnen Personen. Die Figuren wirken lebensnah – lebensnäher als in den beiden anderen Krimi-Reihen, deren Personal ja nun wirklich aus der Reihe fällt. Und für mich persönlich gab es ein Gutsle der besonderen Art: Kommissar Paullik hat eine 10-jährige Tochter, Léa, die singt. Unter anderem von Gabriel Fauré „En Prière“ und alle sind völlig hin und weg. Das Stück wird ausführlich besprochen. Deshalb habe ich mir das Lied, von dem ich noch nie gehört hatte, aufs Notenpult gestellt.

Der Text in alter Schrift lautet:
Si la voix d'un enfant peut monter jusqu'à Vous,
Ô mon Père,
Écoutez de Jésus, devant Vous à genoux,
La prière !
Si Vous m'avez choisi pour enseigner vos lois
Sur la terre,
Je saurai Vous servir, auguste Roi des rois,
Ô Lumière !
Sur mes lèvres, Seigneur, mettez la vérité
Salutaire,
Pour que celui qui doute, avec humilité
Vous révère !
Ne m'abandonnez pas, donnez-moi la douceur
Nécessaire,
Pour apaiser les maux, soulager la douleur,
La misère !
Révèlez Vous à moi, Seigneur en qui je crois
Et j'espère :
Pour Vous je veux souffrir et mourir sur la croix,
Au calvaire !
Der Text des Liedes aus einer alten Ausgabe.

Diese Krimireihe von Mary L. Longworth bringt viel französische Geschichte, nostalgisches Flair und das moderne Frankreich zusammen. Neben Weinen – es spielt schließlich eine Winzerin mit – und gutem Essen (so ein Frankreich-Klischee!) kommt auch der Bildungshunger nicht zu kurz: Ich erfahre eine Menge zum Beispiel über Cézanne, den Weinanbau und die Strukturen einer französischen Universität.

Mary L. Longworth: Tod auf Schloss Brémont, übersetzt von Helmut Ettinger, Aufbau Verlag, Berlin, 2012, ISBN: 9783746628202.

Ich habe Ihnen jeweils den ersten Titel der drei Krimi-Reihen genannt – viel Spaß beim Stöbern und Lesen.

Die Stadtbibliothek Köln hat alle drei Reihen zumindest als E-Books im Bestand, denn so habe ich diese Titel gelesen.

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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