Die rätselhaften Honjin-Morde von Seishi Yokomizo

Die rätselhaften Honjin-Morde von Seishi Yokomizo

Mögen Sie „Locked Room Mysteries“?

Dann sind beim ersten erfolgreichen Krimi von Seishi Yokomizo richtig. Er stammt von 1946 und erhielt 1947 den Mystery Writers of Japan Award.

Was erzählt Seishi Yokomizo?

Der Erzähler, ein Krimi-Autor, bekommt die Geschichte rund 10 Jahre nach dem Geschehen erzählt und ist fasziniert. Ein echtes „Locked Room Murder Mystery“ – sorgfältig geplant und durchgeführt. Und, wie sich am Ende herausstellt, genauso sorgfältig erzählt …

Es geht um den Tod eines gerade erst vermählten Paares in der Hochzeitsnacht: Die Leichen liegen übereinander. Das Schwert, mit dem sie getötet wurden, steckt draußen in unberührtem Schnee, das Haus ist völlig abgeschlossen und nachts erklang eine Koto.

Buchcover zu Seishi Yokomizo Die rätsekhaften Honjin-Morde - in Rot und weiß mit schwarzer Schrift - stilisierte Schrift, an japanische Schriftzeichen erinnernd. weißer Kreis auf rotem Grund, in der Mitte in stilisiertes Schwert
Hübsches Cover, oder? Das stilisierte Schwert im unberührtem Schnee

Der Bräutigam ist ältester Sohn einer reichen Familie, in der Abstammung und Rang eine große Rolle spielen. Gegen den Willen seiner Mutter hat er mit rund 40 Jahren die Hochzeit mit einer jungen Frau durchgesetzt, die diesen Ansprüchen nicht genügt.

Außer ihm gibt es noch einen Cousin, der das Gut mit der Mutter zusammen leitet – der Bräutigam ist gesundheitlich nicht auf der Höhe und zudem ein Gelehrter -, einen jüngeren Bruder, der als Arzt woanders praktiziert, eine verheiratete Schwester, die nicht im Haus lebt, einen jüngeren Bruder ohne klare Aufgabe, der im Haus lebt und eine Teenager-Schwester, die sich in vielem wie ein viel jüngeres Mädchen benimmt.

Am Tag der Hochzeit kam ein Mann durchs Dorf, der sich nach dem Weg erkundigte und neugierig beim Anwesen der Familie durch den Zaun spähte. Er war sehr heruntergekommen, hatte an einer Hand nur drei Finger und verdeckte sein Gesicht mit einer großen medizinischen Maske – als er im Wirtshaus ein Glas Wasser trank, war eine große Narbe zu erkennen.

Einziger Gast bei der Hochzeit, der nicht zur engeren Umgebung der reichen Familie gehört, ist der Onkel der Braut.

Der zieht nach dem entdeckten Mord den Privatdetektiv Konsuke Kindaichi hinzu – einen jungen Mann, dem er eine Ausbildung ermöglicht hatte.

Ich werde jetzt nicht verraten, wie Seishi Yokomizo diesen Looked-Room-Mord konstruiert hat. Auf jeden Fall spielen westliche Krimis eine wesentliche Rolle – mindestens zwei Personen kennen sich mit der einschlägigen Literatur sehr gut aus.

Seishi Yokomizo selbst bezieht sich in seinen Äußerungen zum Roman auf „Alibi“ von Agatha Christie – mich erinnert die Lösung mehr an einen anderen Klassiker von ihr, der zur Zeit, als Seishi Yokomizo  seinen Erstling um Konsuke Kindaichi schrieb, auch schon auf dem Markt war …

Vielleicht erraten Sie ja, welchen Roman ich meine …

Und der Stil?

Wie oben schon angemerkt: sehr sorgfältig. Und gern auch in direkter Anrede an die Leser*innen:

Falls Sie zu den Leserinnen und Lesern gehören, die darauf achten, was zwischen den Zeilen einer Geschichte steht und sich Einzelheiten merken …

S. 16

Das steht ja ziemlich am Anfang und sollten den Leser*innen ein Auftrag sein …

Aber auch bildhafte Sprache ist Seishi Yokomizo nicht fremd. Besonders hübsch fand ich die Beschreibung, wie der Köhler im Auftrag von Konsuke Kindaichi einen Hügel hinunter läuft:

Während der Mann wie ein pechschwarzer Kieselstein den steilen Hang hinunterhüpfte …

S. 157

Ein wirklich faszinierender Roman, der mir viel Freude gemacht hat.

Seishi Yokomizo: Die geheimnisvollen Honjin-Morde, übersetzt von Ursula Gräfe, Aufbau Verlag, Berlin, 2022, ISBN: 9783351051099 , e-ISBN: 9783841230522

Die Stadtbibliothek hält den Titel als Buch vor.

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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