Inhalt des Beitrags
Direkt nachdem ich das Gespräch zwischen Rebekka Endler und Nora Hespers bei „Mensch. Frau.Nora“ gehört hatte, hab ich mir das Buch besorgt. Und es verschlungen.
Gut, ein paar Dinge wusste ich schon – entweder weil die beiden darüber gesprochen hatten, oder weil es Sachen sind, die frau halt so weiß und erfährt. Aber es war doch sehr erhellend.
Wovon spricht Rebekka Endler?
Der Untertitel „Warum Frauen die Welt nicht passt“, bringt es eingeschränkt auf den Punkt: Es geht darum, wie die Welt eingerichtet ist und weshalb Menschen, die nicht der Norm „cis-männlich, weiß“ entsprechen, damit Probleme haben. Damit sind eben nicht nur Frauen gemeint, sondern auch andere Gruppen, die z. B. nicht in die Geschlechtsnormen passen, mit denen wir aufgewachsen sind oder die aufgrund von körperlichen Bedingungen z. B. im Rollstuhl sitzen oder als Ältere mit einem Rollator unterwegs sind. Sie alle wurden in vielen Bereichen des Lebens nicht mitgedacht und mitgemeint.
Beispiele?- Bitte sehr!
Wo werden Bürgerteige abgesenkt? Inzwischen häufig an Ampeln und Zebrastreifen – das war nicht immer so, wie ich mich noch gut erinnern kann. Ansonsten dort, wo Autors raus- und reinfahren: Garagen- und Parkplatzeinfahrten in erster Linie. Das stammt noch einer Zeit der Stadtplanung, in der vor allem Männer Auto fuhren und im öffentlichen Raum präsent waren. Frauen wurde im Haus „gedacht“ – ihre Bedürfnisse, wenn sie unterwegs waren, z. B. mit Kinderwagen oder schweren Taschen, kamen nicht vor. Ich selber komme aus einer Stadt, in der in meiner Kindheit stolz die „Stadtautobahn“ eröffnet wurde – moderne Mobilität. Yeah! – Seit 10 Jahren wird verzweifelt versucht, dieses menschenfeindliche Konstrukt wieder so „klein“ zu kriegen, dass Menschen damit leben können.
Falls Sie Frauen kennen, die Rasierapparate benutzen – schauen Sie mal, ob die rosa oder lila sind. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind sie es. Und etwas kleiner als die Männervariante. – Und teurer. Das Kapitel dazu heißt bei Rebekka Endler „Pink it, shrink it“ – Produkte werden „weiblich“ gedacht, indem sie kleiner ausfallen und eine bestimmte Farbpalette nutzen. Bei Fahrrädern kann das schon mal heißen, dass da zwar schlechtere Bauteile verwendet werden – aber hey, es ist rosa!
Richtig übel wird es, wenn die tatsächlichen anatomischen Unterschiede nicht mitgedacht werden. Das gilt zum Einen für Medikamente – die Gedankengänge von Rebekka Endler zu medizinischen Testreihen, die lieber mit Männern gemacht werden als mit Frauen, weil die ja hormonbedingt unterschiedliche Ergebnisse zeitigen, was die Sache ja nur unnötig verkompliziert, sollten Sie wirklich selber lesen. Aber auch die Dummys für die Crashtests sind einfach nur kleiner – unterschiedliche körperliche Eigenschaften, die unterschiedliche Folgen bei Aufprall hervorrufen – keine Beachtung.
Wie schreibt Rebekka Endler?
Das da oben klingt jetzt vielleicht nach einem Aufregerbuch, das einer Frau schlechte Laune macht. Mitnichten. Rebekka Endler schreibt unterhaltsam und sachkundig. Die Liste ihrer Quellen ist lang und sie jongliert damit sehr gekonnt.
Was ich besonders mag, sind die Fußnoten, die tatsächlich am Ende einer Seite stehen. Sie haben römische Ziffern und enthalten aktuelle und v. a. persönliche Kommentare der Autorin. Mein Liebling ist der hier:
Die erste Software der Welt steckte in einer Webmaschine zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Fußnote dazu: „Die nicht surfte, sondern webte, wobei diese beiden Dinge miteinander verknüpft sind.“
S. 96
Hach 😊
Ich kann das Buch von Rebekka Endler Männern wie Frauen und allen anderen nur empfehlen. Vieles im Buch wird bereits in manchen Bereichen diskutiert – aber es braucht mehr Menschen, denen die Situation bewusst ist, um etwas dagegen zu unternehmen.
Rebekka Endler: Das Patriarchat der Dinge. Warum die Welt Frauen nicht passt, DuMont Buchverlag, Köln, 2021, ISBN: 9783832181369
In der Stadtbibliothek Köln finden Sie das Buch auch.
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