Inhalt des Beitrags
Da ich ja kein Netflix habe, musste ich mir das Buch zu „Bridgerton“ besorgen. Julia Quinn wird als Jane Austen unserer Zeit bezeichnet – da wollte ich mehr wissen. Ich habe mir also den ersten Band der Reihe besorgt – „Der Duke und ich“. In einer anderen Übersetzung entfernt sich der Titel vom Original „The Duke and I“ – dazu weiter unten mehr.
Bridgerton heißt bitte was?
Das ist der Name der Familie, die hier im Mittelpunkt steht: die verwitwete Mutter Violet und ihre acht Kinder, hübsch nach dem Alphabet von Anthony bis Hyacinth benamst. Hauptfigur im ersten Band ist Daphne – die vierte in der Geschwisterreihe und die älteste der Töchter.
Klar, sie bekommt am Ende den Duke. Simon Basset, Duke von Hastings heißt er. Ihn lerne ich als Leserin als erstes kennen, denn vor die Handlung von 1813 hat Julia Quinn einen Prolog gesetzt: Simon wird von seinem Vater abgelehnt – er stottert; also Simon, nicht der Vater. Das Kind schwört, seinem Vater niemals gefallen zu wollen. Nie, niemals will er heiraten. Und erst recht niemals Kinder in die Welt setzen. Dem Vater bedeutete die Familie und ihre Fortführung alles – wie hat er auf einen Erben gehofft; genau das will Simon ihm für die nächste Generation verwehren. Völlig egal, dass der Vater schon tot ist (sonst wäre Simon ja noch nicht der Duke …)
Die eigentliche Handlung setzt dann mit der zweiten Saison von Daphne Bridgerton ein – Mutter Violet ist verzweifelt, dass die Tochter immer noch nicht verheiratet ist. Im neuesten Klatschjournal – „Lady Whistledowns Gesellschafts-Journal“ – wird die Familie erwähnt, was Violet zu der Annahme verleitet, ihre Tochter sei bereits als alte Jungfer abgetan.
Daphnes Bruder Anthony, seit dem Tod des Vaters Familienoberhaupt, hat ihr erlaubt, einige Heiratsanträge abzulehnen.
Beim Ball einer berüchtigt aufrichtig sprechenden alten Dame der Gesellschaft begegnen sich Daphne und Simon unter sehr merkwürdigen Umständen. Letzerer ist seit Schultagen mit Anthony befreundet. Und als er mitbekommt, dass diese wirklich berückende junge Frau die Schwester Anthonys ist, heißt es für ihn „Finger weg!“ Mir scheint, Julia Quinn habe da eine strenge Regel erfunden – bewirb dich nie um die Schwester deines Freunds -, um einen Packan für möglichst bedrohliche Szenen zwischen den jungen Männern herbeizuführen. Aus anderen Geschichte, die in dieser Zeit spielen, kenne ich das in dieser Schärfe nicht.
Simon schlägt Daphne einen Handel vor: Sie sollen beide so tun, als empfänden sie was füreinander, damit sie vor langweiligen Junggesellen und er vor heiratswilligen Mädchne und vor allem ihren Müttern geschützt sei. Na ja, da beide tatsächlich was empfinden, ist dieser Weg mit Fallen gespickt.
Nach einer kompromittiernden Szen im einem dunklen Garten, kommt, was kommen muss – Daphnes Bruder will sich mit seinem besten Freund duellieren. Da muss Daphne was tun. Sie tut es – erst schlagkräftig, dann wortgewandt und am Ende geben sie sich lachend das Ja-Wort.
Doch nix eitel Sonnenschein. Nun schlägt Simons Schwur voll auf die Harmonie durch- mit der hat es zwischen den Liebenden bald ein Ende.
Wie ist der Ton in „Bridgerton“?
Spielerisch, witzig, – ich habe mich gut unterhalten.
Lady Featherington stellt Simon ihre Töchter vor:
„Sind sie nicht entzückend?“, fuhr die Lady fort. „Mein ganzer Stolz. Und so ausgelglichen.“
Simon hatte das unangenehme Gefühl, diese Worte schon einmal gehört zu haben, als er einen Welpen hatte kaufen wollen.
S. 79
Die Schlagkraft Daphnes ist auch Thema:
„Daphne hat einen ziemlich harten Schlag für eine junge Dame, aber sie ist eben nicht so groß und stark wie du.“
„Trotzdem“, sagte Anthony und beugte sich vor, um die Arbeit seiner Schwester zu betrachten, „hat sie ihre Sache ganz gut gemacht.“
S. 234
Julia Quinn nimmt wie ihre Vorgängerin Georgette Heyer ihren Plot nicht allzu ernst. Die Dialoge blitzen ein bisschen. Manche Figur, besonders Violet Bridgerton, entwickelt überraschende Fähigkeiten.
Und bei aller Anlehnung an die Autorin des letzten Jahrhunderts, spielt hier Erotik eine große Rolle. Eine sehr große … Ja, manche Szene hat schon was von leichtem Softporno.
Dazu dann das Drama wegen Simons Schwur ….
Mit anderen Worten: Für alle was dabei. Es ist Unterhaltung. Von Jane Austen ist Julia Quinn jedoch weit entfernt – subtil ist nicht ihre Spezialität. Eher gibt es Anklänge an Georgette Heyer – auch ganz nett. Aber bei weitem weniger keusch.
„Bridgerton“ ist eine Serie
Sie erinnern sich an die sieben Geschwister von Daphne? Ja, die Serie umfasst insgesamt acht Bände – bei Netflix werden es dann wohl so viele Staffeln … Jeder Sprössling der Familie Bridgerton bekommt seinen eignen Band. Analog zu der anderen Übersetzung des Titel von „Der Duke und ich“ – „Wie erobert man einen Duke?“ – heißen sie dann: „Wie bezaubert man einen Viscount?“, „Wie verführt man einen Lord?“ oder „Ein hinreißend verruchter Gentleman“. Was für Titel … Die Originaltitel sind bei weitem zurückhaltender.
Ich habe mich auf den ersten Band beschränkt 😉
Es ist eindeutig kein historischer Roman, sondern ein moderner Unterhaltungsroman in hübschen Kostümen.
Julia Quinn: Bridgerton. Der Duke und ich, übersetzt von Suzanna Shabani, Harper Collins, 20216, ISBN: 9783749902484
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