Inhalt des Beitrags
Was war Anna Louis Karsch doch für eine starke Frau! Ich habe bei Wikipedia, Fembio und im Blog „Anderes Berlin“ einiges zu ihrem Leben gelesen und bin sehr beeindruckt.
Mein erster Kontakt mit ihr war das Gedicht zum „Lob der Schwarzen Kirsche“ – ein wunderhübsch ironischer Text. Im Gegensatz dazu war „An den Domherrn von Rochow“ ein düsterer Text, auch wenn mir nicht klar war, dass er tatsächlich autobiographische Züge tragen könnte.
Kurz was zum Leben von Anna Louisa Karsch
Ausführlicheres gibt es bei den oben erwähnten Beiträgen, die mir als Quelle dienen. Ich fasse hier die Sachen zusammen, die ich bei der Lektüre meienr Quellen bemerkenswert fand.
Anna Louisa Karsch war armer Leute Kind – der Vater ein Gastwirt. Nach dem Tod des Vaters und der zweiten Hochzeit der Mutter kam Anna Louisa zu einem Onkel, bei dem sie Lesen und Schreiben lernte, ja sogar etwas Latein. Nach vier Jahren holt die Mutter sie zurück – da ist sie zehn Jahre alt und muss hart arbeiten. In meinen Quellen (s. o.) ist von Arbeiten als Hirtin und Magd die Rede. Sie hat auch autobiographische Texte verfasst; daraus hat der Beitrag aus „Anderes Berlin“ die Information, dass sie drei dieser sechs Jahre als Hirtin tätig war und im Kontakt mit einem anderen Hirten einige Bücher kennenlernte – Volksbücher und Erbauungsliteratur. Aus dieser Zeit stammen die ersten Gedichtversuche
Mit 16 Jahren wird Anna Louisa verheiratet – an Michael Hirsekorn. Ein brutaler Genosse, der für Bücher nichts übrig hat. Sie bekommt Kinder, muss Schläge erdulden und schafft es, daneben Gedichte zu verfassen. Das spricht sich im Ort herum und sie wird bekannt. So bekannt, dass sie auch bei den höheren Ständen Einlass findet.
Nach elf Jahren wird die Ehe geschieden – für uns heute erstaunlicherweise gegen den Willen von Anna. Die Schande, eine geschiedene Frau zu sein, war für sie erdrückend. Sie war zu dem Zeitpunkt schwanger. Schnell geht sie die nächste Ehe ein /wird sie erneut verheiratet – inzwischen ist sie 27 Jahre alt. Der neue Ehemann ist der, unter dessen Namen sie bekannt sein wird: Daniel Karsch.
Karsch war ein Säufer – keine gute Ehe. Die „Karschin“ wie sie hieß und sich selbst auch bezeichnetet, wurde mit ihren Gedichten zu Familienfeiern bekannt. Damit konnte sie die Familie etwas ernähren.
Der siebenjährige Krieg brachte Änderung: Daniel Karsch geht zu den Soldaten. Gönner der Karschin halfen dabei wohl nach … Die Gedichte, die die Karschin zum Lob des preußischen Königs und Preußens verfasste, wurden über Flugblätter verbreitet- ihr Name wurde bekannt, auch in Berlin.
Mit Hilfe eines Gönners siedelt sie mit ihrer Tochter nach Berlin um – eine arme Frau aus dem Volk. Große Intellektuelle ihrer Zeit loben und fördern sie:
- Moses Mendelssohn (Philosoph)
- Johann Georg Sulzer
- Christoph Friedrich Nicolai (Verleger)
- Johann Wilhelm Gleim (Dichter)
Gerade mit letzterem ist es dann tragisch: Sie möchte mehr als er …
Der Briefwechsel mit ihm ist umfangreich – mehr als 1.000 Briefe.
Anna Louise Karsch lernt nicht nur die Königin kennen, sondern auch den König. Davon verspricht sie sich eine Menge – doch es wird nichts mit Haus und/oder Pension. Friedrich II gibt sein Geld für Kriege und bauliche Verschönerungen in Berlin und Potsdam aus. Als die Karschin ihn um Unterstützung bittet, bekommt sie einmal zwei und einmal drei Taler zugesandt – ihre Antworten darauf, ob nun wirklich an den Alten Fritz gesandt oder nicht, sind lesenswert (unten folgen sie).
Erst sein Nachfolger überlässt der Dichterin ein Haus am Hacke’schen Markt …
Okay, das ist jetzt doch länger geworden – Anna Louise Karsch hat ein wirklich bemerkenswertes Leben gelebt – mit mehr Tiefen als Höhen, was das Materielle betrifft, bis zum Lebensende.
Ihre einzige überlebende Tochter und ihre Enkelin traten als Dichterinnen in ihre Fußstapfen:
Caroline Louise von Klencke und Hermina von Chézy – hier gibt’s dann auch den sozialen Aufstieg, der Anna Louise Karsch verwehrt blieb …
Und wie hat sie gedichtet?
Ihre Ausbildung war ja eher rudimentär – vier Jahre beim Onkel, dann die Lektüre von Volksbüchern und Erbauungsliteratur …
Sie galt als Naturtalent. Und das war sie dann wohl auch. In einem der Beiträge zu ihrem Leben habe ich den Hinweis gefunden, dass einige ihrer Gönner sich bemüht haben, sie in ein paar dichterische Feinheiten einzuführen, das sei aber nicht so erfolgreich gewesen.
Diese Pose der ungebildeten Dichterin hat sie wohl selber gepflegt – aber realistisch ist sie meines Erachtens nicht, dafür hat sie im Laufe irhes Lebens zu viel (dazu) gelernt …
Nach dem, was ich gelesen habe, muss man bei ihr verschiedene Arten von Dichtung unterscheiden. Wenn es darum ging, Geld zu verdienen, hat sie das geschrieben, was die Auftraggeber_innen hören oder lesen wollten. Ist ja logisch. Das hat schon bei den kleinen Gelegenheitscarmen in ihrer Heimat begonnen. Sie konnte aber auch anders – besonders ihre Replik auf die kleinen Geldspenden von Friedrich II finde ich da bemerkenswert. Johannes Glintschert zitiert sie in seinem Beitrag im Blog „Anderes Berlin“; ich zitiere hier den ganzen Absatz:
Für die „königliche Reaktion“ auf ihre wiederholten Bitten noch zwei Beispiele, die auch zeigen, daß die Karschin sowohl sarkastisch als auch humorvoll dem König ihre Meinung kundtut. Als sie zehn Jahre nach ihrer Audienz wieder vorstellig geworden war, läßt ihr Friedrich ganze zwei Taler übersenden. Selbige schickt sie ihm zurück und schreibt dazu:
Zwey Thaler gibt kein großer König,
Ein solch Geschenk vergrößert nicht mein Glück,
Nein, es erniedrigt mich ein wenig,
Drum geb ich es zurück.[31][Angabe des Zitats im Blog unterhalb, deshalb von mir hier eingefügt:
31. Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin 1981, S. 294]
Weitere zehn Jahre später, 1783, wendet sie sich erneut an den König, worauf sie diesmal drei Taler bekommt. Diese gibt sie zwar nicht zurück, quittiert sie jedoch mit folgendem Gedicht:
Seine Majestät befahlen
Mir, anstatt ein Haus zu baun,
Doch drey Thaler auszuzahlen.
Der Monarchsbefehl ward traun
Prompt und freundlich ausgerichtet
Und zum Dank bin ich verpflichtet.
Aber für drey Thaler kann
Zu Berlin kein Hobelmann
Mir mein letztes Haus erbauen.
Sonst bestellt ich ohne Grauen
Heute mir ein solches Haus,
Wo einst Würmer Tafel halten
Und sich ärgern übern Schmaus,
Bey des abgehärmten alten
Magern Weibes Überrest,
Die der König darben läßt.[32][32. Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin 1981, S. 295]
Was gibt es nun zu Anna Louise Karsch hier im Blog?
Ich werde Gedichte von ihr hier einstellen. Mein Plan ist es, jeweils am letzten Montag im Monat und zwei Wochen vorher (also zweiter oder dritter Montag im Monat) ein Gedicht von ihr hier einzustellen. Am liebsten möchte ich dabei zwischen ihren Auftragsgedichten und ihren „authentischen“ Gedichten abwechseln. Ich weiß noch nicht, ob das so klappt – we will see.
Ich habe auch vor, einige ihrer Gedichte einzulesen. Und mich näher mit ihr zu befassen . Ich habe mir da ein paar Fachartikel besorgt, die ich aber erst noch lesen muss.
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