Femina von Janina Ramirez

Femina von Janina Ramirez

Der Untertitel verheißt Großes: „Eine neue Geschichte des Mittelalters aus Sicht der Frauen“! Wow! Voller Ungeduld habe ich mich daran gesetzt, die gut 400 Seiten von Janina Ramirez durchzuschmökern.

Was wird im Buch „Femina“ geschildert?

Das Mittelalter. Klar. Wie das gehen soll, die Geschichte aus Sicht der Frauen aufzurollen, das hat mich sehr gereizt.

Doch erst einmal habe ich mit dem Buch gehadert. Gerade fürs frühe Mittelalter geht es in erster Linie um archäologische Funde – für eine Wörterfrau wie mich sind die zwar auch spannend, aber die Schlussfolgerungen sind mir oft zu spekulativ. Unabhängig davon übrigens, ob es um männliche oder weibliche Menschen geht. Hinzu kommt gerade in den ersten Teilen der Schwerpunkt auf England – Janina Ramirez lebt und forscht dort; mir sind die Begebenheiten aber nicht soooo vertraut. Auch Skandinavien, woher ja ein Teil der Menschen in England „eingewandert“ war, kenne ich nicht sehr gut.

Deshalb hat den erste Teil – die ersten drei Kapitel – zu lesen, sehr lange gedauert. Auch, weil die Autorin Fundstücke genau erläutert. Z. B.: Was wurde mit Spielsteinen gemacht, woraus konnten sie gefertigt sein, wo wurden sie noch gefunden, was lässt sich von ihnen über die Person ablesen, der sie mit ins Grab gegeben wurden? Sehr kleinteilig also, auch wegführend vom für mich eigentlichen Thema. Und damit dann doch nicht zum „Wegschmökern“ geschrieben. Auch das Bildmaterial will genau betrachtet werden, um die Erläuterungen z. B. für Zeichen auf Münzen zu verstehen.

Eine schwierig zu beschreibende Vision der Hildegard von Bingen, kosmisches Ei genannt: Eiförmig, Flammen nach außen, ein Stern oben in der Mitte des Flammenkaranzes, im Flammenkranz auf blauem Grund Blumen, eine Darstellung des Mondes
Etwas modifizert ist diese Darstellung des Universums von Hildegard von Bingen das Coverbild des Buches

Als es dann um Zeiten und auch Orte (Hildegard von Bingen z. B.) ging, die ich zumindest ein bisschen besser kannte, kam ich rascher voran, denn der Stoff ist wirklich interessant. Wenn es dann um Texte geht, komme ich auch mit mir unbekannten Gefilden besser zurecht. So fand ich die Geschichte von Jadwiga sehr bewegend. Sie war „König von Polen“. Ja, „König“, nicht Königin, denn das polnische Recht sah keine Thronfolgerin vor. Ihr Vater hat aber dafür gesorgt, dass seine Tochter ihm auf dem Thron nachfolgte.

Welche Optionen hatten Frauen überhaupt im Mittelalter? Welche Rollen haben sie gespielt?

  • Kriegerinnen kannte ich bisher nur aus Romanen – es gab sie aber wohl „in echt“. Die neue Auslegung alter Funde anhand von Genanalysen werfen alte Gewissheiten um.
  • Regentinnen hatten oft ein große Machtfülle.
  • diplomatische und Handelsbeziehungen waren sehr weit verzweigt und keineswegs nur Sache von Männern – Briefe zeigen, wie Frauen Politik machten

Frauen waen weiß Gott mehr als Minneherrinen und Unterdrückte – das auch, aber eben auch sehr viel anderes.

Wie schreibt Jamima Ramirez?

Sehr präzise. Durchaus auch unterhaltsam – aber Genauigkeit ist ihr sehr wichtig. So schreibt sie zwar:

Margery wird uns als Reiseführerin in ihrer Heimatstadt begleiten

S. 386

lässt sich aber nicht dazu verführen, dieses Bild immer weiter auszudehnen.

Ein wirklich lesenswertes Buch für alle, die Interesse am Mittelalter haben. Ich denke, dass ich bestimmte Passagen nachlesen werde. Ich kann mir auch vorstellen, dass die einzelnen Kapitel wie „Macherinnen“ oder „Spioninnen und Gesetzlose“ unabhängig vom Rest gut lesbar sind – je nach Interessenlage.

Janina Ramirez: Femina. Eine neue Geschichte des Mittelalters aus Sicht der Frauen, übersetzt von Karin Schuler, Aufbau Verlag, Berlin, 2023, ISBN: 9783351041816

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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