Der Schwerpunkt des Buches von Reza Aslan liegt besonders im ersten Teil auf „und seine Zeit“ aus dem Untertitel „Jesus von Nazaret und seine Zeit“. Dort führt er die Gesellschaft in Palästina in der Zeit rund um die Lebenszeit des Jesus von Nazaret vor: Das Aufkommen vieler Messiasse mit ihren Ideen und Jüngerschaften, die Entwikclung der „vierten Philosophie“, also der Zelotenpartei, die Reaktion Roms auf jedwede Form von Königsanspruch. Schon zeimlich am Anfang wird deutlich: Ein Mann, der als Messias angesehen wurde, hatte im römisch beherrschten Palästina nur ein Schicksal zu erwarten, nämlich das Kreuz.
Reza Aslan schildert die einzelnen Geschichten sehr packend, schon fast romanhaft. Er lässt das Schicksal mehrerer Messiasse lebendig werden – darunter quasi eine ganze Dynastie. Er schildert, wie die Tempelpriesterfamilien mit Rom zusammenarbeiteten. Und was die vielen Armen davon hielten. Er zeigt die Entwicklung nach dem Fall Jerusalems auf – wie sich eine am Tempel ausgerichtete Religion und Gesellschaft zu einer Diaspora-Gemeinde entwickelt – die Synagogen-Gemeinden, wie sie uns heute vertraut sind.
Daran hängt er dann die Geschichte des Jesus von Nazaret. Er schlussfolgert, dass dieser als Analphabet in dem kleinen Nest Nazaret als Bauhandwerker aufwuchs. Dass er, um seinen Unterhalt verdienen zu können, auf den Baustellen in Sepphoris tätig war, wo die römisch assimilierten reichen Juden sich Paläste bauen ließen.
Dass Jesus aus Nazaret stammte, ist seiner Meinung nach die einzige gesicherte Tatsache über ihn, neben der, dass er gekreuzigt wurde. Reza Aslan entwickelt anhand bekannter Forschungen über die Lebenswelt von Jesu Zeitgenossen ein Porträt. Dabei blickt uns aber nicht der friedliebende Erlöser ins Gesicht, sondern ein religiöser Eiferer – „Zelot“ -, der auch Gewalt nicht scheut.
Das alles ist nicht neu. Wenn man sich ins Literaturverzeichnis vertieft, wird deutlich, dass Reza Aslan hier eine Zusammenfassung bereits vorhandener Erkenntnisse liefert. Neben seiner Tätigkeit als Religionswissenschaftler, unterrichtet er auch „Creative Writing“ – dass er das kann, wird deutlich. Er erzählt lebhaft, anschaulich und durchaus mitreißend. So ist ein lesbares, spannendes Buch entstanden. Ich kann allerdings Reza Aslan nicht in allen seinen Schlussfolgerungen folgen – manche Einschätzung zum historischen jesus ist mir zu spekulativ.
Im Vorwort macht Reza Aslan deutlich, dass seine Sicht auf den historischen Jesus den Jesus der religiösen Überlieferung nicht betrifft – das sind zwei Paar Schuhe. Als geborener Moslem, der als Jugendlicher einer evangelikalen Kirche angehörte, dann zum Islam zurückkehrte und als Wissenschaftler Religionsgeschichte erforscht, ist Reza Aslan in mehrerelei Hinsicht ein interessanter Autor für das vorliegende Buch. Wer sich über die Lebenswelt in der Zeit Jesu interessiert, ist mit diesem Buch auf jeden Fall sehr gut beraten. Bei der Einschätzung des Lebens Jesu selber habe ich ein paar Bedenken.
Reza Aslan: Zelot. Jesus von Nazaret und seine Zeit, übersetzt von Henning Dedekind, Karin Schuler, Norbert Juraschitz und Thomas Pfeiffer, Rowohlt Verlag, Reinebck, 2013, ISBN: 9783498000837
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