Alma Mahler-Werfel, die Muse des frühen 20. Jahrhunderts schlechthin, Ehefrau von Gustav Mahler, Walter Gropius und Franz Werfel, Geliebte von Gustav Klimt und Oska Kokoschka, selbst schreibend und komponierend tätig – ein tolle Frau. Oder?
Oliver Hilmes hat in seiner Biografie dieser Femme Fatale nachgespürt und in akribischer Archivarbeit Dokumente zusammengetragen, die deutlich machen: Alma Maria Schindler, so ihr Mädchenname, war eine sexuell aktive Frau, die schon in sehr jungen Jahren ihre Attraktivität ausnutzte; ihr Verhalten gegenüber Alexander von Zemlinsky gibt da eine erste Kostprobe. Außerdem hatte sie dezidierte Ansichten – sie war überzeugte Antisemitin, die ihren dritten Ehemann, Franz Werfel, zur Konversion zum Christentum überredete (oder zwang?). Sie war eine glühende Hitler-Verehrerin. Und sie war eine Selbstinszenatorin von hohen Graden. Ihre Autobiographie „Mein Leben“ ist sorgfältig zensiert und bringt nur Unverfängliches.
Olver Hilmes zeichnet alle Entwicklungen im Leben Almas nach, lässt sie und ihre Zeitgenossinnen und Zeitgenossen oft selber sprechen – zitiert aus Briefwechseln, Typposkripten und Tagebüchern. Und es wird klar: Eine sympathische Frau war sie nicht. Nein, wirklich nicht. Ihr eignete ein ziemlich verschrobenes Selbstbild – alles drehte sich nur um sie, sie selbst war der Maßstab, nach dem sie alles einordnete, Menschen, Ereignisse, Kunstwerke. Aber sie muss eine faszinierende Frau gewesen sein, deren Charisma sich nur wenige entziehen konnten (die Manns gehörten wohl dazu, Oliver Hilms ziitiert ein paar Bemerkungen dazu).
Fazit: Schlüssige Darstellung, gut lesbarer, spannender Stil – die Biographie von Oliver Hilmes über Alma mit den vielen Namen ist wirklich ein faszinierendes Buch.
Der 50. Todestag Almas war für mich Anlass, diese Biographie noch mal zur Hand zu nehmen.
Oliver Hilmes: Witwe im Wahn. Das Leben der Alma Mahler-Werfel, btb Verlag, München 2004, ISBN: 9783442734115
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