Da soll einer mal sagen, Reisen bilde nicht! In unserem Ferienhaus auf Cape Cod fand ich dieses Werk vor und habe – nach meiner vorherigen positiven Erfahrung mit der Autorin – sofort danach gegriffen.
Dieses Buch ist genauso gut wie “Wovon wir träumten”! Wieder geht es um Japaner in den USA. Es ist 1942, als die Geschichte beginnt. Eine Frau liest einen Aushang, macht sich Notizen, kauft ein bisschen ein und geht nach Hause, um zu packen. Zum Packen gehört das Weggeben der Katze an Nachbarn, das Schlachten der Hühner und das Töten des alten weißen Hundes. Sohn und Tochter müssen nach der Schule ebenfalls ihre Sachen packen. Das Haus ist jetzt leer.
In nüchternen Worten, minimalistisch, berichtet Julie Otsuka von der Verlegung feindlicher Ausländer, in diesem Falle Japaner, in Lager, weit weg von der Westküste. Im Laufe der Lektüre erfahre ich als Leserin, dass der Ehemann und Vater schon direkt nach Pearl Harbour abgeholt wurde. Es gibt nur eine spärliche Briefverbindung. Aus der Sicht des Jungen werden die Auswirkungen der Zensur deutlich – manche Briefe kommen völlig unverständlich an.
Die Erzählerin lässt mich – mit viel Distanz – das Innenleben des Jungen, der Frau und des Mädchens erleben. Die Sätze sind kurz. Die Bezüge zwischen den einzelnen Elementen entwickeln sich im Laufe der Lektüre.
Gegen Ende passiert wieder der Wechsel von der außenstehenden Erzählerin hin zum „Wir“ – das „wir“ umfasst die beiden Kinder. Ich erlebe ihre Rückkehr nach Berkley direkt aus ihrer Sicht. Auch das vollkommen „trocken“. Große Emotionen zu schildern ist nicht die Sache von Julie Otsuka. Doch mit ihrer minimalistischen Erzählhaltung lässt sie mir den Atem stocken über das Unfassbare, was da geschieht und was es mit den Menschen macht. Am Ende kommt auch der Vater zu Wort – mehr will ich hier nicht verraten.
Ich finde, es ist ein großartiges Buch.
Julie Otsuka: When the Emperor was Divine, Anchor Books, New York, 2003, ISBN: 0385721811
Bisher ist das Buch nicht auf deutsch erschienen. Es war 2002 ihr Debut als Schriftstellerin.
English summary:
In this novel Julie Otsuka describes the circumstances of declasssification of the japanese Americains in World War II, after Pearl Harbour. It’s the story of one family, a woman, a boy and a girl. The father has been already arrested as an enemy alien. The three of them now are arrested, too. They have been transferred from one prisoner camp to another.
Julie Otsukas language is very impressive, although she never uses emotional words. She describes very objectively the preparations of the woman before the arrest (the packing of houshold hardwares, the cat, which is given to a neighbour, the killing of the hens and the old dog) and the situation in the prisoner camp (boring days, cold or hot days, waiting for letters – those censured and sometime nearly ununderstandable) through the eyes of the boy and the girl. And the end – to be back at Berkley. What does happen to a family in this situation? With the novel of Julie Otsuka you can get witness of this destroying times.
It’s a wonderful novel, which I really appreciated
[Indiebook] Julie Otsuka: Als der Kaiser ein Gott war (2019)
29. Oktober 2019 at 17:48[…] Astrid Japanliteratur (mit weiterführenden Literaturhinweisen) KölnerLeselust […]