So bitter das Thema ist, was wir Frauen wollen und oft nicht bekommen – das Buch von Isabel Allende ist eine leichtfüßige Lektüre dazu. Und dabei keineswegs banal.
In kurzen Abschnitten erzählt sie einerseits von ihrem Leben. Dazwischen gibt es dann die Abschnitte mit den Infos rund um das, was wir Frauen wollen –
- keine Gewalt gegenüber Frauen
- gleiche Chancen
- Anerkennung für das, was wir tun
- Ein Ende der Vergleicherei von Männern und Frauen und was für die Gesellschaft oder die Familie oder die Einzelnen nun wichtig ist.
Ein bisschen Biographie
Isabel Allende ist jetzt 80 Jahre alt. Sie ist in einem Land des Machismo aufgewachsen, hat als Kind erlebt, dass ihre Mutter – vom Vater der drei Kinder einfach verlassen – so gut wie keine Rechte hatte. Als sie dann den Partner fürs Leben fand, konnte sie ihn nicht heiraten, weil die Annullierung seiner Ehe nicht durchkam – und ohne war eine Wiederverheiratung katholischer Menschen nicht möglich. Scheidung gibt es in Chile erst seit 2004. (Das mit der zweiten Heirat ihrer Mutter schildert Isabel Allende in diesem Buch so – in der Wikipedia steht, die Eltern hätten bereits in den 50ern geheiratet. Vielleicht im Ausland, da der Stiefvater Dipolonmat war … ?) Da war Isabel Allende selbst schon über 60, ihre Mutter über 80.
Neben den Schicksalen aus ihrer Familie kommt Isabel Allende immer wieder auf Frauen zu sprechen, die ihr begegnet sind, die ihr deutlich gemacht haben, dass die Diskriminierung von Frauen ein Problem überall auf der Erde ist. Mit ihrer Stiftung, die sie nach dem Tod ihrer Tochter Paula, einer jungen engagierten Feministin, eingerichtet hat, unterstützt sie Frauen in aller Welt. Es geht ihr um das Recht am eigenen Körper auch und gerade in Sachen Schwangerschaft (reproduktive Rechte …), um ökonomische Unabhängigkeit und ein Leben ohne Gewalt.
Zitate aus „Was wir Frauen wollen“
Ich mag den Stil, in dem sie ihre Nachdenkereien und Erinnerungen vorbringt. Ein paar Beispiele:
Ich bin Teil dieser Generation des Übergangs von unseren Müttern zu unseren Töchtern und Enkelinnen, von der die wichtigste Revolution des 20. Jahrhunderts erdacht und vorangetrieben wurde. Man könnte einwenden, die Oktoberrevolution in Russland sei bemerkenswerter gewesen, doch die feministische Revolution ist bei weitem tiefgreifender und beständiger, sie betrifft die Hälfte der Menschheit, hat sich ausgebreitet, hat viele Millionen Menschen erfasst und gibt noch am ehesten Anlass zu der Hoffnung, dass die Zivilisation, in der wir leben, einmal abgelöst werden könnte von einer anderen, die weiter entwickelt ist. Meine Mutter faszinierte und erschreckte das, Sie war mit einem von Großvater Augustins Leitsätzen aufgewachsen: Getrost auf das alte Übel bauen, neuem Glück nicht zu vertrauen.
S. 24f
Laut meinem Großvater waren die Verhältnisse in einer Ehe einfach: Der Mann versorgt, schützt und befiehlt, die Frau dient, umsorgt und gehorcht. Daher war in seinen Augen für Männer zu empfehlen, für Frauen jedoch ein schlechtes Geschäft.
S. 32
Ihre Selbstbetrachtungen sind wirklich sehr charmant – z. B. zu ihrer Eitelkeit. Ihre Mutter Panchita sei eine Schönheit gewesen, im Gegensatz zu ihr. Deshalb beginnt der Absatz:
Da mir Panchitas körperliche Vorzüge fehlen, verlangt meine Eitelkeit viel Disziplin. Ich springe eine Stunde vor den übrigen Bewohnen des Hauses aus dem Bett, dusche und mache mein Gesicht zurecht, denn nach dem Aufwachen sehe ich aus wie ein geprügelter Boxer. Make-up ist mein bester Freund, und Kleidung hilft mir, einige Stellen zu kaschieren, wo die Dämme gebrochen sind und von mir unmöglich neu zu errichten sind.
S. 52f
Ja, Isabel Allende ist eitel und sieht darin keinen Gegensatz zum Feminismus und zu der Forderung, dass Frauen nicht bloß nach ihrem Äußeren beurteilt werden sollen. Männer seien ja auch eitel. und dann erzählt sei von einem Tropenvogel und seinem Balzverhalten – lebendig und zauberhaft (sowojl das Balztanz als auch Allendes Schilderung).
Das Buch „Was wir Frauen wollen“ schrieb Isabel Allende während der Pandemie. Da war sie 78. Doch auch in ihrem Alter ist sie offen für Diskussionen mit ihren Enkeln über binär und non-binär. Eine sehr bemerkenswerte Frau, mit klaren Ansichten zu Feminismus und Machismo. Ich habe das Buch wirklich gern gelesen und eine Menge gelernt.
Isabel Allende: Was wir Frauen wollen. Übersetzt von Svenja Becker, Suhrkamp Verlag, Berlin 2021, eISBN: 9783518767771
Die Stadtbibliothek Köln hält den Titel als Buch, als E-Book, als E-Audio-Book und als Hörbuch vor.
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