„Ein“ Ring heißts im Titel – es geht aber vordergründig um „den“ Ring, nämlich den des Nibelungen. Acht Menschen verabreden sich, alle vier Aufführungen in der Semper-Oper zu besuchen. Mit einem netten Treffen vorher, mit lecker Essen und Gesprächen. Es soll eine nette Abwechslung werden, ein Event gegen den drögen Alltag. So plant es Kurt, der Literaturwissenschaftler und überzeugt – oder überredet? – seine Frau Eva, ihn zu unterstützen. „Nett“ – das Wort lässt schon einiges erahnen, nicht wahr?
Mit von der Partie sind ein jüngerer Kollege von Kurt mit seiner Frau, den weder Kurt noch Eva besonders schätzen, ein Psychotherapeut mit seiner Frau, die Kurt noch aus ihren Studentinnentagen kennt und eine verwitwete Freundin Evas mit ihrer pubertierenden Tochter. Eine Ausgangssituation mit Potential …
Im Laufe der vier Wochen (die Aufführungen sind immer sonntags) entfaltet sich ein Geflecht von Beziehungen, die teils in die Vergangenheit zurückreichen, sich teils neu entwickeln. Ja, die eine oder andere Entwicklung kan man sich schon bei der Aufzählung der Protagonistinnen denken. Und nein, es kommt nicht alles wie gedacht. Das wäre Karin Nohr wohl zu simpel.
Die Wagner-Figuren spielen dann bei der Selbstwahrnehmung der handelnden Personen noch eine wichtige Rolle. Sie nehmen so auch Einfluss auf die Handlung, besonders aber auf die Reflexion einzelner Figuren über die Ereignisse. Und wer sich mit Wagner so gar nicht auskennt, muss sich nicht fürchten: Karin Nohr greift zu einem charmanten Trick, um die Handlung zu vergegenwärtigen: Eva ist Lehrerin und setzt den Stoff des wagnerschen Rings im Unterricht ein. Die Zusammenfassungen ihrer Schülerinnen bilden den Auftakt für die einzelnen Abschnitte. Sehr unterhaltsam!
Überhaupt nutzt die Autorin verschiedene Darstellungsmöglichkeiten: Innerer Monolg, E-Mail-Korrespondenz und Dialogszenen wie im Drama, nur völlig ohne Regieanweisung. Langweilig wird es also nie. Inhaltlich auch nicht 😉 Und das mit dem Ring passt – quelle surprise – auch auf die Figurenkonstellation, die sich im Laufe der vier Wochen verändert. Fazit: Ein gut zu lesender, abwechslungsreicher und streckenweise sehr origineller Roman.
Karin Nohr: Vier Paare und ein Ring, Albrecht Knaus, München 2013 ISBN: 9783813505269
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