Mathijs Deen wandert mit mir mal eben auf rund 400 Seiten auf alten Wegen quer durch Europa – und das auch noch quer durch die Geschichte. Und ich genieße jeden Schritt.
Worum geht es?
Europa als Kontinent lebt von den vielen Verbindungen zwischen Ländern und Völkern und das nicht erst in Zeiten der schnellen Mobilität. Schon in vorgeschichtlicher Zeit waren hier Menschen unterwegs.
Danach natürlich erst recht.
Und sie waren erstaunlich mobil. Na gut – die Zeiträume sind schon beachtlich … Aber wenn ein Junge aus Dänemark als Kleinkind gen Süden mitgenommen wird und sich dort dann als Erwachsener einen Namen macht, dann ist das ein überschaubarer Zeitraum.
Mathijs Deen beginnt mit eigenen Erfahrungen ums Reisen: Die Fahrt der Familie zu den Großeltern mit der Bemerkung des Vaters, dass sie sich auf einer der großen Straßen befinden, die Europa verbinden. Die Verbindungen stehen am Anfang eines jeden Kapitels:
- Dmanissi – Atapuerca – Happisburgh (800.000 v. Chr.)
- Laugaberka – Rom (1025)
- Wassenaar – Smolensk (1812)
Hinter jeder der acht Angaben entdeckt Mathijs Deen eine Geschichte. Ach, was sag ich: einen Roman. Wir begleiten Boiorix von Dänemark bis ins römische Herrrschaftsgebiet, wir begleiten Jacob Barocas von Portugal bis Amsterdam und seine Bekannten von dort bis Stockholm. Wir erleben mit, wie ein asthmageplagter niederländischer junger Mann den Russlandfeldzug Napoleons erlebte und werden Zeugen der ersten großen Motorrennunfälle zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Mathijs Deen lässt sie alle lebendig werden. Wünsche, Sehnsüchte, Ängste und Hoffnungen ihres Lebens stellt er so dar, als seien es Romanfiguren. Sehr packend. Und dabei gespickt mit Informationen rund um die Zeit und Kultur, in der sie leben – von der Steinzeit bis heute. Und um die Erkenntnisse von Archäologie und Geschichte heute rund um diese Ereignisse.
Dabei geht es immer um die Wege, die sie gehen oder fahren – und welche weit entfernten Regionen Europas so miteinander verbunden sind; Handelswege, Eroberungszüge. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es die Vision eines verbundenen Europa – daher stammen die Bezeichnungen der Europastraßen: E 8 oder E 59. Auch diese Geschichte findet sich im Buch. Sie ermöglicht den weiten Blick über die einzelnen Geschichten hinaus.
Wie erzählt Mathijs Deen?
Packend und informativ. Sehr persönlich, das auch. Er lässt mich teilhaben an seiner Suche nach Geschichten, nach Wegen und den Hintergründen.
Neben den Schilderungen der Lebensumstände und geschichtlichen Umstände, die eher unaufgeregt und neutral daherkommen, gibt es in den romanhaften Szenen sehr kleinteilige, intime Momente. Die haben in mir den Wunsch wach werden lassen, mal einen Roman von Mathjis Deen zu lesen.
Mathijs Deen: Über alte Wege. Eine Reise durch die Geschichte Europas, übersetzt von Andreas Ecke, DuMont-Buchverlag, Köln, 2019, ISBN: 9783832183837
Die Stadtbibliothek Köln hat dieses Buch im Bestand.
Sabine Wirth
14. Mai 2020 at 10:31Liebe Heike,
das gibt es doch gar nicht! War meine erste Reaktion. Das Buch steht bei mir schon länger im Regal, weil ich das Thema auch hochinteressant finde. Ich habe noch anderen Lesestoff, den ich erst abarbeiten muss. Aber ich freue mich schon auf den Deen!
Vielen Dank für diesen Tipp!
Liebe Grüße von Sabine
Heike Baller
14. Mai 2020 at 11:15Liebe Sabine,
das ist auch was zum Drauffreuen. Ich hab es jetzt zwar auf einen Sitz gelesen, man kann aber auch einzelne Kapitel wie kleine historische Romane lesen.
Liebe Grüße
Heike