Shakespeare als Thema: „Wie ER uns gefällt“ aus dem Manesse-Verlag

Shakespeare als Thema: „Wie ER uns gefällt“ aus dem Manesse-Verlag

Zum 450. Geburtstag von William Shakespeare hat der Manesse-Verlag eine Gedicht-Anthologie herausgegeben, die es in sich hat. Autorinnen und Autoren der vier Jahrhunderte seit Shakespeares Tod kommen zu Wort. 144 Gedichte, einige davon für diesen Band geschrieben, hat Tobias Döring versammelt. Darunter polnische, englische, französische und auch ein japanisches: Ôoka Makoto setzt sich mit dem 130. Sonett* Shakespeares auseinander. Auf der Doppelsete 50/51 finde ich ich in grün die Originalversion (die ich leider gar nicht lesen kann) und darüber in schwarz die deutsche Übersetzung. Das ist die Vorgehensweise für alle fremdsprachigen Originale. Gruppiert sind die Gedichte nach sieben Themen: Inspiration durch Shakespeare, Lebensbühnen und Welttheater, Vorstellungs- und Handlungswelten, Figur- und Maskenspiele, Hamlet-Reden und Ophelia-Bilder. Zum Schluss noch eine komische Coda. Entweder ist Shakespeare selber als der „ideale“ Dichter das Thema oder aber seine Figuren – und das nicht nur in den beiden Teilen, die die Namen im Titel tragen.

Ein wahre Fundgrube ist der Band geworden. Im Nachwort erläutert Tobias Döring, der Präsident der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft, ein bisschen was zu den Kapiteln und zu einzelnen Gedichten. Gerade bei den unbekannten Namen – deutscher wie ausländischer Herkunft –  finde ich es schade, dass es neben den Angaben zu Urheberrechten nicht auch noch zu Kurzbiographien gereicht hat – das hätte wohl den Rahmen gesprengt. Schade ist es trotzdem.

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Stich nach einem Porträt auf dem ersten Druck seiner Dramen von 1623
Ob nun wirklich heute Shakespeares Geburtstag ist, ist, wie vieles zum „realen Leben“ des großen elisbethanischen Dichters, höchst unsicher. Die Deutsche Shakespeare-Gesellschaft hat sich vor 150 Jahren an diesem Tag gegründet. Sein Todestag heute vor 398 Jahren gilt jedenfalls als belegt. Und es ist ein gutes Datum, um einen so schön gemachten Band herauszubringen – ein in grünes Leinen gebundenes Buch, mit Lesebändchen. Die grün gesetzten Originaltexte erlauben einen Einblick in das ursprüngliche Sprachgewand – das gefällt mir besonders gut.

Tobias Döring (Hg.): Wie ER uns gefällt. Gedichte an und auf William Shakespeare, Manesse-Verlag, Zürich, 2014, ISBN: 9783717540861

*Sonett CXXX

Der Liebsten Aug‘ ist nicht wie Sonnenschein,
Nicht wie Korallen rot der Lippen Paar,
Gilt Schnee als weiß, muß braun ihr Busen sein,
Sind Haare Draht, ist schwarzer Draht ihr Haar.
Weiß sind und rot die Rosen an dem Strauch,
Doch solche Rosen sind nicht ihre Wangen,
Von Wohlgerüchen strömt ein süßrer Hauch,
Als meines Mädchens Atem hat empfangen.
Ich höre gern sie sprechen, doch gegeben
Ist der Musik noch angenehmrer Klang,
Ich sah zwar niemals eine Göttin schweben,
Doch auf der Erde ruht der Liebsten Gang.
Und doch beim Himmel ist sie mir so wert
Wie jede, die verlognes Gleichnis ehrt.

PS: Übrigens feiert der Manesse-Verlag in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag …

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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