„Wie Pflanzen unsere Zukunft erfinden“ lautet der Untertitel – eigentlich die logische Schlussfolgerung aus dem vorherigen Buch von Stefano Mancuso „Die Intelligenz der Pflanzen“. Denn ist Ihnen bewusst, dass Pflanzen sehr vieles wahrnehmen können? Nicht nur Licht und Regen, sondern auch regelrecht sehen? Dass sie kommunizieren?
Von diesen Phänomenen hatte ich ja schon gehört, aber Stefan Mancuso vermittelt die neuen Erkenntnisse rund um Pflanzen so einleuchtend, dass mein bisheriges Weltbild – „vegetieren“ als Ausdruck für ein sehr reduziertes Leben als Beispiel – heftig ins Wanken geriet.
Worum geht es Stafano Mancuso in seinem Buch?
Er will zeigen, dass die völlig andere Lebensform von Pflanzen gegenüber der von Tieren Möglichkeiten der Anpassung an Umweltbedingungen bietet. Und zwar solche, die auch für uns heute im 21. Jahrhundert spannend sind. Das macht er in den einzelnen Kapiteln deutlich:
- Gedächtnis – Pflanzen können lernen, weil sie sich erinnern. Z. B. im Umgang mit äußeren Reizen.
- Können Sie sich unter Plantoiden was vorstellen? Roboter, die sich in Aufbau und Funktionsweise an Pflanzen orientieren, können z. B. auf anderen Planeten den Boden wesentlich besser untersuchen als die bisherigen. „Plantoiden“ ist eine Wortbildung analog zu „Androiden“, also Roboter, die sich im Aufbau am menschlichen Körper orientieren.
- Wenn Pflanzen wie die Boquila trifoliolata sich an ihre Nachbarpflanzen angleichen können – wie machen sie das? Durch Sehen … Nein, Augen hat sie nicht, aber auf den Blättern Zellen, die wie Augen funktionieren können.
- Pflanzen gelten allgemein als immobil – aber stimmt das?
- Extrafloraler Nektar dient bitte wozu? Damit werden Ameisen angezogen, um die Pflanze vor Fressfeinden zu schützen. Je nach Bedarf variiert die Zusammensetzung – die Pflanze manipuliert die Ameise. Es entsteht ein Abhängigkeitsverhältnis.
- Pflanzen sind physiologisch völlig anders aufgebaut als Tiere – nix zentrale Organe und Hierarchie. Das macht sich auch anderwärts bemerkbar: So arbeiten sie demokratisch und kooperativ. Die Aufteilung des Pflanzenkörpers, um die bestmögliche Mischung von Licht und Wasser zu bekommen und dabei stabil zu sein, wurde bereits im 19. Jahrhundert beim Bau des Crystal Palace in London genutzt. Inzwischen gibt es eine Reihe von Gebäuden, die sich an Pflanzen orientieren und dadurch ökologisch effizient sind. Das steckt Potential drin.
- Wurzelspitzen sind hochsensibel – bei Parabelflügen hat Stefano Mancuro nachgewiesen, dass sie innerhalb von einigen Sekunden auf Schwerelosigkeit zu reagieren wissen.
Ich hab hier jetzt zu jedem Kapitel nur ein paar Stichwörter notiert – wollte ich die Argumentationsstränge nachzeichnen, ergäbe das ein eigenes Buch – da lesen Sie besser das von Stefano Mancuso.
Wie schreibt Stefano Mancuso?
Denn das kann er besser als ich 😉 Als Direktor des internationalen Labors für Pflanzenneurobiologie in Florenz ist er der Fachmann schlechthin für das Thema, er ist davon begeistert – und er erzählt mit Leidenschaft. Ich bin ihm fasziniert gefolgt. Er schafft es, ein komplexes neurobiologisches Thema so aufzubereiten, dass ich als Nicht-Biologin gut folgen kann. Er schildert Fehlschläge genauso wie Erfolge, er nimmt sich nicht sooo furchtbar wichtig, hat Humor – das Buch ist gut zu lesen.
Stefano Mancuso: Pflanzenrevolution. Wie Pflanzen unsere Zukunft erfinden, übersetzt von Christine Ammann, Verlag Antje Kunstmann, München 2018, ISBN; 9783956142338
Die Stadtbiblithek Köln hat das Buch sowohl als Printexemplar als auch als E-Book im Bestand.
Bisher gibt es noch keine Kommentare