Permanent Record von Edward Snowden

Permanent Record von Edward Snowden

Klar, an die Geschichte mit Edward Snowden kann ich mich erinnern. Auch an das Aufschrecken wegen der Überwachung. Aber Genauereres – nö, da war ich nur so am Rande auf dem Laufenden: Asyl in Russland, Weigerung europäischer Länder, den Whistleblower aufzunehmen. Das wars. Und jetzt sein Buch.

Was erzählt Edward Snowden?

„Meine Geschichte“, wie der Untertitel der deutschen Ausgabe lautet. Das fängt mit dem kleinen Jungen an, der an einem der Rechner seines Vaters einen ersten Befehl eintippt – bevor er selber richtig schreiben kann – und die überwältigende Erfahrung macht, dass er etwas in Gang setzen kann.

Die Faszination für Computer und gerade auch fürs Programmieren lässt ihn nicht mehr los. Am Ende landet er beim Geheimdienst, macht Karriere und bekommt Einblicke, die man als Normasterbliche:r nicht so machen kann. Als ganz junger Mensch hat er bereits Top-Secret-Freigaben allerhöchster Kategorie. Nach ein paar Jahren lassen sich die Bedenken über das, was die Regierung da macht, nicht mehr zum Vestummen bringen und er beschließt, die Informationen an die Öffentlichkeit zu geben.

Das liest sich jetzt so einfach. Doch jeder Schritt in seiner Biographie ist von Bedenken begleitet, von Abwägungen. Diese Überlegungen breitet er aus. Er hinterfragt sein Verhalten. Jetzt geht das. Doch damals durfte er niemandem etwas sagen auch nicht seiner Partnerin.

Eine einsame Angelegenheit.

Als er die Sache zum Klappen bringt, ist er gerade 30 Jahre alt.

Edward Snowden legt – in gewissen Grenzen – sein Leben offen. Auch sein Privatleben. Das hat er vorher mit den Personen vereinbart. Wo Menschen das nicht wünschten, hat er sie anonymisiert oder schreibt, dass dazu weiter nichts zu sagen ist, weil andere das nicht wünschen. Sehr transparent.

An einer Stelle gibt es sogar die Perspektive einer zweiten Person: Als er in Hongkong sitzt und sich nach einer Weile als die Quelle der Informationen offenbart, die die Welt und besonders die USA in Aufruhr versetzt haben, kommt seine Partnerin mit ihrem Tagebuch zur Sprache. Sie hat festgehalten, was sie damals erlebt hat. So kann ich nachvollziehen, wie sich das Handeln des jungen Mannes auf seine Familie auswirkt. Unter anderem Verhöre und Beschattung.

Wie erzählt Edward Snowden?

Großartig. Ich hatte sehr viel Freude an seiner trockenen Art, seinen Zuspitzungen und auch an seinen Erklärungen. Er nimmt mich als Leserin mit geringerem Verständnis für Programmierprobleme auf eine verständliche Reise mit.

Buchcover Edwar Snowden Peramaent Record mit grünen Zettelchen
„Mein“ Exemplar mit den zettelchen für die Zitate.

Hier kommen einfach ein paar Zitate, um Ihnen zu verdeutlichen, warum Edward Snowdens Buch so gut zu lesen ist:

Gleich die ersten beiden Sätze haben es in sich:

Mein Name ist Edward Joseph Snowden. Früher stand im im Dienst der Regierung, heute stehe ich im Dienst der Öffentlickeit. Ich habe fast dreißig Jahre gebraucht, um zu erkennen, dass das nicht dasselbe ist, und als ich endlich so weit war, bekam ich ein wenig Ärger mit meinem Arbeitgeber.

S. 9

Anlässlich seiner Schulung vor dem ersten Einsatz als Techniker für die Geheimdienste, schreibt er über die Computerfreaks, zu denen er auch gehört:

Nichts leistet der Arroganz mehr Vorschub, als wenn man sein Leben lang Maschinen bedient, die nicht zur Kritik fähig sind.

S. 158

Zum Thema „Löschen von Daten auf einem Rechner“ schreibt er:

Die Ingenieure wusssten, dass manche Entscheidungen sich in einer Welt der mehr oder weniger unbegrenzten Möglichkeiten zwangsläufig als Fehler erweisen würden. Die Nutzer mussten sich, unabhängig davon, ob sie auf technischer Ebene tatsöchlich die Kontrolle hatte, so fühlen, als hätten sie die Kontrolle. (..) Die Möglichkeite, das Erschaffene zu zerstören und von vorn anzufangen, war eine Grundfunktion, die dem Nutzer ein Gefühl der Handlungsfreiheit vermittelte.

S. 337

Fazit dieses noch etwas längeren Abschnitts: Wir löschen gar nix …

Ich habe viel gelernt an diesem Buch. Ich habe es mit Vergnügen gelesen – was den Stil und die Vermittlung kmplexer Inhalte betrifft.

In unserer Familie haben wir das Buch jeweils innerhalb weniger Tage verschlungen.

Edward Snowden: Permanent Record. Meine Geschichte, übersetzt von Kay Greiners, Fischer Taschenbuch, Frankfurta. M. 2020, ISBN: 9783596700691

Die Stadtbibliothek hat den Titel als Buch und Hörbuch im Bestand.

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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