Für die Geschichte von den Oktoberperlen hat sich Maike Claußnitzer einen netten Trick einfallen lassen: Bis auf so eine Art Nachklapp (man könnte es auch Epilog nennen ) findet die Handlung innerhalb von 24 Stunden statt.
Was das heißt? Innerhalb dieser Zeit kommt es zu verschiedenen Begegnungen zwischen Menschen aus dem Haushalt von Herrad, der Richterin, die es im Band Der Torfschuppenmord von Aquae Calicis nach Castra Nova verschlagen hat und Menschen aus Castra Nova. Den Anfang macht allerdings eine alte Bekannte, die nicht aus Castra Nova stammt, die Söldnerin Ratte. Ansonsten spielen mit : Ein gewaltiger Sturm, ein Bauer aus der Umgebung mit seiner Familie und zwei Kleinkriminelle, die der Richterin und ihren Leuten gern behilflich sind.
Was das Buch so spannend macht sind die vielen Erinnerungen, mit denen sich in erster Linie Ivar so herumschlägt.
Was wird in Oktoberperlen erzählt?
Die Söldnerin Ratte bringt belauschte Bemerkungen mit, die sich auf die Vergangenheit eines der Menschen aus Herrads Haushalt beziehen Doch weiß niemand auf wen genau. Und niemand weiß, wie belastend diese dahinter liegenden Informationen sein können. Das belastet einige sehr – eine Zeitlang auch Ardeija. Doch der Fokus liegt woanders: Ivar und sein Bruder Gorm haben wie die anderen eine bewegte Vergangenheit – deren Ausläufer erreichen sie nun hier an diesem für sie eher abgeschiedenen Ort.
Wir erleben das alles aus der Sicht von Ivar. Das gilt auch für die zahlreichen Erinnerungen, die teilweise bis in die Zeit vor den großen Bürgerkrieg zurückreichen. Mag die Handlung innerhalb der 24 Stunden in Castra Nova auch eher nicht so spannungsgeladen sein (natürlich gibt es da auch Spannung!), so sind doch die Erinnerungen das, was fesselt. Es geht um Familiengeschichten, Betrug, Verletzungen seelischer wie körperliche Art und um die Geschichte von Mathilde und Ivar.
Dabei verschränkt Maike Claußnitzer die Erinnerungsbruchstücke so geschickt mit der Erzählung aus den 24 Stunden in Castra Nova, dass ich mit dem Lesen gar nicht aufhören konnte.
Wie erzählt Maike Claußnitzer?
Ich musste einige der Sätze direkt mit dem Menschen teilen, der mit mir im Raum war – ich schätze den Stil von Maike Claußnitzer sehr.
Ein Satz – ein Absatz:
Mathilde war, umtanzt von Kind und Hund, die sich gleich auf die Neuankömmlinge stürzten, schon dort und stellte eben gemeinsam mit Medardus den schweren Kessel mit dem Abendessen ab, den sie vom Haupthaus herübergetragen hatte, ohne dass es dem Regen oder einer Hundeschnauze gelungen war, unter den Deckel zu dringen.
S. 61.
Oder dieser liebevolle Spott gegenüber Gorm:
„Wenn man schon Fehler macht dann wohl doch ganz“, setzte Gorm hinzu, ohne das zu entscheiden gewesen wäre, ob darin mehr an Olaf gerichteter Spott oder ungewohnt weise Selbsterkenntnis mitschwang.
S 101.
Worum es sonst noch geht
Der Titel Oktoberperlen hat mit diesen Erinnerungen eher nichts zu tun. Hier geht es um die Geschichte zwischen Ivar und Mathilde, um Schuldgefühle und Dankbarkeit. Die Pluralform anstelle der aufgrund der Intentionen Ivars zu erwartenden Singularform hat auch ihre Funktion …
Auch die wunderschönen Teeschale, die Sameena Jehanzeb von saje design an den Anfang des Buches gesetzt hat, hat eine tiefere Bedeutung. Nicht nur für Ivar.

Ein durchaus spannendes Buch mit einem guten Teil Nachdenkerei über das, was Menschen verbindet.
Maike Claußnitzer: Oktoberperlen, Books on Demand, Norderstedt, 2025, ISBN: 9783769 312430
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