Mord in Cornwall von John Bude

Mord in Cornwall von John Bude

Es ist das Jahr der alten Krimi-Schätzchen, die ich für mich neu entdecke – John Bude ist auch so einer. Ich habe den Namen nie gehört, bis ich in einer Zeitschrift eine Rezension zu einem anderen seiner Krimis fand. Für mich ist der Erstkontakt sein erster Krimi: Mord in Cornwall.

Was erzählt John Bude?

Einen richtigen echten Häkelkrimi aus den 30er Jahren – Erscheinungsdatum 1935, wie „Gaudy Night“ von Dorothy L. Sayers. (Das erwähnt Martin Edwards im Nachwort).

Der Roman beginnt aufs Idyllischste (hatte ich den Anfang nicht schon mal …?) im Pfarrhaus, wo Reverend Dodd seinen Freund Dr. Pendrill zum Abendessen und anschließenden Austausch über die aktuellsten Krimis erwartet. Mitten in die Gemütlichkeit platzt die Nachricht von einem echten Mord in der Nachbarschaft. Dr. Pendrill eilt los, Reverend Dodd informiert den Dorfpolizisten.

Nächste Szene: Der Tatort. Ein erschossener Mann, der Onkel der jungen Frau, die im Pfarrhaus Bescheid gegeben hatte, liegt in einer Blutlache.

Haushälterin und Gärtner sind auch da. Erst erscheint der Dorfpolizist, dann der Inspector aus der nächstgrößeren Stadt – die Ermittlungen laufen an.

Reverend Dodd ist Vertrauensperson vieler und macht sich so seine eigenen Gedanken. Am Ende löst er das Rätsel.

Erster Kritikpunkt

Es handelt sich, wie Martin Edwards im Nachwort sagt, um den ersten Krimi, den Ernest Carpenter Elmore unter dem Namen John Bude veröffentlicht. Edwards lobt Stil und Charakterführung. Doch ich moniere, dass mir sowohl der Pfarrer als auch der Inspector viel zu vertrauensselig und „unprofessionell“ an die Sache herangehen. So viel Spekulation … Beim Pfarrer mag das ja angehen – aber ein Polizist, auch wenn er nicht zum Scotland Yard gehört, sollte etwas mehr kritische Distanz zu seinen ersten Gedankenhöhenflügen haben. Beide gehen – intuitiv – davon aus, dass Ruth, die Nichte, unschuldig sein muss. Obwohl eine Zeugin sie mit einem Revolver in der Hand gesehen hat.

Noch eine kleine Motzerei

Wie ich oben schon schrieb, deckt der Pfarrer das Verbrechen auf. Er wird bereits am Anfang als eine Person geschildert, die sehr gut schlussfolgern kann und bei seinen Gemeindegliedern darob gefürchtet ist. Na ja, so ein bisschen. Sie können sich halt nicht erklären, wieso er bestimmte Sachen weiß, ohne ihnen nachzuspionieren. Dazu habe er ein besonders gutes Gedächtnis, betont John Bude. Die Lösung des Falls geschieht nun quasi in einer Black Box – im Kopf des Pfarrers, der Informationen nutzt, die außer ihm niemandem zu Gebote stehen, auch wenn es ein paar Hinweise gab. Auch als Leserin bleibe ich da völlig außen vor. Das ist ein bisschen schade.

Postkarte mit Biild von Kynance Cove, zerklüftete Küste in Cornwall passend zur Szenerie im Krimi von John Bude.
Die zerklüftete cornische Küste ist Schauplatz dramtischer Szenen und mancher falschen Fährte.

Wie erzählt John Bude?

Angenehm. Immer mal wieder nutzt er ungewöhnliche Bilder, um mich zu erfreuen.

Der Schirmständer bietet Gelegenheit für ungewöhnliche Assoziationen:

„wählte einen dicken Eschenstock aus dem Gezweig im Schirmständer“

S. 86

„Nachdem er  (…) aus dem üppigen Strauß im Schirmständer einen kräftigen Eschenstock gewählt hatte …“

S. 166

Naturbeschreibungen und ungewöhnliche Bilder schmücken den Text immer mal wieder – nicht so oft, dass es manieriert wirkt, eher so ab und zu mal was hingetupft.

„Drei Kilometer vom Land entfernt, pflügte ein Dampfer dahin, Rauchfetzen klammerten sich an  seinen Schornstein.“

S. 86

„Der Pfarrer pflichtete ihm mit aus vollendeter kulinarischer Harmonie erwachsener Sanftheit in der Stimme bei.“

S. 150

Mit anderen Worten: Trotz meiner oben erwähnten Kritik (und der, die noch kommt), hatte ich Entspannung und Spannung in wohl abgemessener Mischung bei der Lektüre – und auch Freude.

Es gibt einen Kritikpunkt an zwei Kapitelüberschriften – da hat das Lektorat gepennt:

Bei den Kapiteln „Ronald Hardy Tritt Auf“ (S. 177) und „Wieder Vereint“ (S. 192) wird die englische Angewohnheit übernommen, bei Kapitelüberschriften alle Wörter mit Großbuchstaben zu beginnen – die fielen mir unangenehm auf, denn sonst sind die Kapitelüberschriften „normal“.

John Bude: Mord in Cornwall, übersetzt von Eike Schönfeld, Klett-Cotta, Stuttgart, 2018, ISBN: 9783608983203

Die Stadtbibliothek hält diesen Band als E-Book und als Buch vor. Außerdem einen weiteren Krimi von John Bude; er hat übrigens keine Reihe mit dem ermittelnden Pfarrer gemacht – die anderen Krimis spielen in anderen Gegenden …

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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