Was für eine schöne Gegend – das Languedoc. Und Lisa Graf-Riemann beschreibt es so, dass man sofort dorthin will. Dabei ist es gar kein Reiseführer, sondern ein Krimi, und zwar ein Südfrankreichkrimi, so stehts unter dem Titel ;-).
Gleich zu Anfang bekommt man eine Kostprobe von ländlicher Frömmigkeit – Isa wandert zur Kapelle von Saint Martin des œufs und erlebt mit, wie die Küsterin Mado mit dem Heiligen verhandelt: Sie will als Mitglied eines Reiseclubs im Oktober verreisen, doch ihr Mann Jean ist der Meinung, dass das nur rausgeschmissenes Geld sei. Ob Staint Martin da nicht was deichseln könne?
Nächstes Kapitel, nächster Schauplatz: Jean ist mit Laurent auf Mufflon-Jagd. Am Ende muss er Laurent den ganzen beschwerlichen Weg ins verlassene Dorf tranportieren und dann noch die Ambulanz rufen, denn Laurent hat sich selber in die Schulter geschossen. Jean ist stinkesauer und verkrümelt sich in sein Refugium, eine alte Hütte auf seinem ehemaligen Weinberg. Dort hängt er seinen Gedanken nach, übernachtet dort, wärmt sich früh am nächsten Tag mit einem Schnäpschen auf und macht sich auf den Heimweg.
Krimi ist, wenn einer stirbt. Hier natürlich auch. Aber ich werde von der Handlung jetzt nicht zu viel verraten. Aber über die Schreibweise will ich noch was loswerden:
Lisa Graf-Riemann lässt in den Gesprächen und Gedanken der Leute, die in ihrem Buch zu Wort kommen – Isa, die Deutsche, die nun endlich die Miete für ihr Haus dort oben bekommen will, Giselle Merckx, die titelgebende Gastgeberin Isas, Mado, Jean, Laurent, Rebecca, Frederic und wie sie alle heißen – Landschaft und Lebensumstände, Geschichte und Gegenwart des Langhedoc lebendig werden. Da merkt man dann schon, dass sie auch Reiseführer schreibt 😉 Außerdem kennt sie die Gegend gut, das geht aus dem Infotext zur Autorin hervor.
Die Perspektive wechselt ständig – mal ist Isa die, die aufs Geschehen blickt, mal Jean, mal Mado und auch schon mal der Heilige Martin selbst. Auch die später – notwendigerweise – auftauchenden Polizeibeamten kommen zu Wort. Dieser ständige Wechsel machte mir das Buch anfangs etwas schwerer zugänglich, nach drei Eingewöhnungskapiteln habe ich ihn aber zu genießen begonnen.
Lisa Graf-Riemann formuliert lebendig, mit einer Prise Humor. Ein Absatz hat es mir besonders angetan: Der Komissar aus der Kreisstadt, Riquet, fährt ins Hinterland, um dem Todesfall auf die Spur zu kommen und träumt von seiner Zeit nach der Pensionierung:
Riquet träumte immer groß, die Wirklichkeit war schließlich klein genug. Ein kleines Leben war keine Schande, natürlich nicht, das passierte fast jedem, aber klein zu träumen, das war unverzeihlich fand Riquet. Ein Zeugnis von schlechtem Stil und großer Mutlosigkeit. (S: 128f)
Es ist ein sommerlicher Krimigenuss, gespickt mit leckeren Mahlzeiten, die am Ende des Buchs als Rezeptsammlung auftauchen: Kastaniencreme, Kirschauflauf und karmelisierte Lammkoteletts erfreuen nicht nur die Figuren im Buch – anhand der Rezepte kann man sie sogar selber nachkochen.
Lisa Graf-Riemann: Madame Meckx trinkt keinen Wein. Ein Südfrankreichkrimi, Emons Verlag, Köln, 2015, ISBN: 9783954515677
Petra
7. Juli 2015 at 21:21Sehr wahr, der Inhalt dieser Rezension – und offenbar haben wir dieselbe Lieblingspassage 😉
Heike Baller
7. Juli 2015 at 22:06🙂