Da hat sich die erfahrene Autorin Lisa Graf ja ein neues spannendes Stück Geschichte vorgeknöpft – das Schokoladen-Imperium „Lindt & Sprüngli“. Der Untertitel „Zwei Familien eine Leidenschaft“ ist eine Art Cliffhanger. Warum? Dazu komme ich später.
Worum geht’s?
Erst einmal gibt’s einen Besuch im Schokoladenmuseum – eine Familie stellt fest, dass die Namen der Männer in der Gründergeneration von Lindt & Sprüngli genauso lauten wie in ihrer Familie. Nur eine Katharina wie in ihrer Familie kommt in der Galerie nicht vor. Die Guide verspricht, sich zu erkundigen, was es an Frauen in der Familie gab.* Das ist der Prolog.
*Als Kölnerin dachte ich erst an „unser“ Schokoladenmuseum“ – aber das hier steht im Zürich.
Und dann geht’s ab in 19. Jahrhundert. Rudolf Sprüngli lerne ich als Buben kennen, der seiner schwer kranken Mutter Schokolade vom Apotheker bringt – eine bröselige Angelegenheit. Er will das mal besser machen. Sein Vater David arbeitet in der Conditorei als Geselle; Rudolf tritt dort als Lehrling ein, bewährt sich und geht dann auf Wanderschaft von Zürich nach Genf. Dort lernt er Schokolade herzustellen. Parallel wird die Geschichte von Katharina Ammann geschildert – die Tochter des Feuerwächters auf dem Turm der St.-Petri-Kirche, die es dann nach Luzern, ins Hotel ihrer Tante verschlägt, wo sie als Hausdame arbeitet. Die Liebesgeschichte der beiden – Rudolf und Katharina – beginnt früh …
An einer Stelle springt Lisa Graf mit ihrer Saga ins 18. Jahrhundert – die Geschichte von David Sprüngli, die erklärt, warum er so ist, wie er nun mal ist: eigensinnig, sparsam, Neuem gegenüber eher skeptisch.
Als Leserin bekomme ich erste Dampferfahrten, eine Brückenneueinweihung und die Folgen mangelnder Kanalisation geschildert. Außerdem erzählt ein Verdingkind, wie es einem da so gehen kann (den Fürsorger von Roli fand ich allerdings sehr überzeichnet – kleine Kritik am Rande).
Am Ende steht da die Familie Rudolf Sprüngli mit drei Töchtern und zwei Söhnen.
Eine Familie nur, obwohl im Untertitel zwei angedeutet werden – ein Cliffhanger, wie gesagt. Da kommt wohl noch was. Genauer gesagt: Wie bei der Dallmayr-Saga ist eine Trilogie geplant.
Wie schreibt Lisa Graf?
Sie lässt ihre Personen sehr lebendig wirken – Jede Szene ist aus der Sicht einer Person geschrieben. Vor allem Rudolf und Katharine kommen so zu Wort, aber auch Annarösli, die Angestellte in der dann eigenen Conditorei, erwünschte Schwiegertochter von Rudolfs Eltern. Lisa Graf springt immer direkt in die Szene und entfaltet das Geschehen dann peu à peu. Zum Beispiel als es um die erste Eiszubereitung geht, beginnt das Kapitel „Rudolf“:
Zuerst zerschlugen sie das Eis, das Rudolf am Vortag aus Hunkelers Keller geholt hatte, mit einem Holzbeil in feine Splitter. (S. 160)
Indem Lisa Graf die Perspektiven wechselt, bekomme ich unterschiedliche Blicke auf das Unternehmen, das ja am Anfang noch recht klein daherkommt.
Ein Schmöker, der nicht zu Unrecht gern gekauft wird (Zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Beitrags ist der Titel 1 auf der Bestsellerliste).
Lisa Graf: Lindt & Sprüngli. Zwei Familien, eine Leidenschaft, Penguin Verlag, , München, 2024, ISBN: 978332803665
Bisher gibt es noch keine Kommentare