Haben Sie den Namen Lilli Recht schon einmal gehört? Ich kannte ihn nicht, bis ich ihm in der Vorbereitung meines Vortrags zu Mascha Kaléko begegnete. Sie war eine Zeitgenossin Mascha Kalékos und ebenfalls eine Vertreterin der neuen Sachlichkeit. Allerdings lebte sie in Prag. Doch der Reihe nach:
Etwas zum Leben der Lilli Recht
Lilli Recht – eine Dichterin der Neuen Sachlichkeit. Viel gibt es da nicht zu erzählen, denn es gibt nicht viele Informationen zu ihrem Leben. Uwe Czier hat in dem schmalen Bändchen, das Den einzigen Gedichtband von Lilli Recht wieder belebt und auch ihre anderen Texte hier versammelt, die wenigen Informationen zusammengetragen:
Lilli Recht wurde 1900 geboren, in eine jüdische durchaus wohlhabende Familie – ihr Vater war der Direktor einer Spiritus- und Pottasche-Fabrik in Olmütz. In ihrer Kindheit waren Reisen durchaus üblich, doch nach dem Krieg verarmte die Familie und am Ende lebte sie als berufstätige Frau in Prag. Dort erschienen in verschiedenen Zeitungen ihre Gedichte und kurzen Prosa-Texte. Sie emigrierte während der Nazizeit mit ihrer Schwester nach Italien, wurde dort interniert und auch wieder freigelassen, doch danach verlieren sich ihre Spuren. Es gibt aus der Zeit nach dem Krieg keine weiteren Hinweise, Ja wo und wie sie gelebt hat. Man geht davon aus, dass sie in den siebziger Jahren verstorben ist. Ja, ein solches Schicksal gab es noch im späten 20. Jahrhundert …

Die Gedichte
Lilli Recht hat ein schmales Œuvre an Gedichten hinterlassen – soweit Uwe Czier das nachvollziehen konnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es weitere Zeitungen gibt, in denen Texte von ihr veröffentlicht wurden. Es können also noch unbekannte Texte auftauchen.
Das ganz große Thema bei ihr ist die Einsamkeit, die Einsamkeit einer allein lebenden Frau in einer großen Stadt. Als Beispiel ein paar Zeilen aus dem Gedicht „Einsamer Sonntag“:
Manchmal glaubt man ... man hat Freunde,
wochentags sieht fast so aus
... Sonntags haben alle Autos,
Jachten, Klubs und Weekendhaus.
Und sie haben dich vergessen
... Der und jener hat Besuch,
eine Freundin oder Schwester,
und so nimmt man still ein Buch. (Seite 20)
Schon diese wenigen Zeilen machen deutlich, dass Lilli Recht, obwohl sie quasi weit vom Schuss war, wirklich zur Literatur der Neuen Sachlichkeit zu zählen ist. Im Unterschied zu den Gedichten von Mascha Kaléko kommt der Humor hier eher kurz – es sind einzelne Bilder, die der etwas aufblitzen lassen, aber die Stimmung ist in der Regel gedeckt bis bedrückt. Ihren Gedichte berühren – ich finde es wert, sie zu lesen.
Da heute der Tag der Poesie ist, lasse ich die Prosatexte weg in meinem Hinweis auf diese unbekannte Dichterin, doch erlaube ich mir die Bemerkung, dass sie durchaus lesenswert sind. Besonders ihr Nachruf auf die Opernsängerin Mimi Kött hat mich sehr berührt.
Uwe Czier hatte 2020 in Zusammenarbeit mit der Arbeitsstelle für deutschmährische Literatur und dem Österreich-Zentrum der Palacky-Universität im früheren Olmütz, heute Olomouz, die Werke von Lilli recht unter demselben Titel zusammengetragen, unter dem sie zu ihren Lebzeiten im Verlag des Prager Tageblatts erschienen sind: „Ziellose Wege“.
Lilli Recht: Ziellose Wege, herausgegeben von Uwe Czier, Palacky-Universität, Olomouz, 2020, ISBN: 9788024457468
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