Lesen unter Hitler – die Zusatzinformation zum 10. Mai

Lesen unter Hitler – die Zusatzinformation zum 10. Mai

„Lesen unter Hitler“ ist ein Buch über Bücher. Über Bücher, die heute großenteils vergessen sind. In der Zeit von 1933 bis 1945 waren sie jedoch Bestseller. Die meisten Autoren dieser Zeit sind heut ebenfalls vergessen. Aber es gibt da Evergreens: Eugen Roth, Rainer Maria Rilke (Cornet!) z. B. oder Karl May ;-).

Christian Adam stellt aber nicht nur einfach Autoren und Titel vor. Er befasst sich mit dem Buchwesen im Ganzen. Dazu gehören die politischen Strukturen, die Verbände und -ganz wichtig! – die wirtschaftlichen Zusammenhänge. Letztere nämlich höhlen manche Vorschrift der Reichsschrifttumkammer aus. Was sich verkauft, kann bleiben.

Der Hauptteil seines Buches besteht aus den Darstellungen der einzelnen Bereiche in der Literatur mit Beispielen und Erläuterungen: zum Unterhaltungsroman, zur Kriegsliteratur, zur heiteren Literatur, zum Sachbuch und natürlich zur gehobenen Literatur. Ja, die gab es auch! Klar, Goethe konnte sich ja nicht mehr wehren. Rilkes Cornet war schon im ersten Weltkrieg sehr beliebt. Heldentod in mitreißender Sprache – welcher Soldat kann da widerstehen? Hermann Hesse war auch im Dritten Reich zu bekommen – seine Widerständigkeit gegen die Vereinnahmung war so subtil, dass man sie einfach übersehen wollte und konnte.

Wirklich spannend ist der immer wiederkehrende wirtschaftliche Aspekt, der Buchmarkt mit seinen Mechanismen. Adam kommt auf ihn zurück, wann immer sich Gelegenheit bietet – auch in der ideologischen Ausrichtung von Literatur ist der schnöde Mammon das Hauptkriterium, so seine Hauptaussage.

Wer also wissen, will, was den Leserinnen und Leser anstelle der verbrannten Bücher geboten wurde, findet hier reichhaltiges Material. Und erstaunliche Ergebnisse: Nicht die martialisch auftrumpfenden Ideologie-Schriften waren die Renner, sondern das Mittelmaß – literarisch wie propagandistisch betrachtet.

Um zu seinen Schlussfolgerungen zu kommen, musste Christian Adam nicht nur eine Vielzahl an Büchern und anderen Publikationen aus der Nazizeit sichten und lesen, sondern auch die Buchmarktstrukturen recherchieren, die politischen Phrasen auf ihre Durchsetzung hin prüfen und Berge von Verwaltungsmaterial sichten. Eine umfassende Recherche mit interessantem Ergebnis. Und dann noch gut zu lesen: Leserherz, was willst Du mehr?

Christian Adam: Lesen unter Hitler, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 2013, ISBN: 97835961929772013

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

Bisher gibt es noch keine Kommentare

Einen Kommentar hinterlassen