Kleines Lexikon der Engel von Heinrich Krauss

Kleines Lexikon der Engel von Heinrich Krauss

Da habe ich nun also Ende Februar mein aktuelles Lieblingsbuch bei der Gemeindeveranstaltung vorgestellt – und schwupps fällt mir in der Bibliothek das kleine Lexikon der Engel von Heinrich Krauss in die Hand. Bei Ewald Arenz geht es ja schließlich auch um Engel. Und als ich den ersten Eintrag las, hab ich so gelacht, denn der erste Eintrag lautet „Abbadon“. Bei Arenz ist Abbadon ein aus der Hölle verbannter Dämonenfürst in und der Bruder von Erzengel Jehudi. Heinrich Krauss schreibt zu ihm folgendes:

Abbadon (Verderber, Zerstörer). Ursprünglich eine poetische Bezeichnung für den Aufenthaltsort der Toten in der Unterwelt (Hiob 26,6 u. a.; Ps 88, 12, Spr 15,11), vielleicht nach dem Namen einer unterirdischen Gottheit. In der Geheimen Offenbarung des Johannes, die neben dem hebräischen auch den griechischen Namen „Apollyon“ angibt (9,11), wird daraus der „Engel des Abgrundes“. Er ist König über die Heuschreckenschwärme, gemeint sind wohl Erobererheere, die vom Engel der fünften Posaune über die Erde losgelassen werden. Beide Namen werden gerne in abergläubischen Zaubersprüchen gebraucht. (S. 17)

Fallen angels a deceiver apollyon francis barrett the magus
Eine Darstellung des Abaddon/Apollyon aus dem Buch „The Magus“ (1801) von Francis Barrett von 1801
Bei Ewald Arenz kommt die Funktion als Herr der Heuschreckenschwärme durchaus vor, aber hier ist Abbadon vor allem ein charmantes Schlitzohr – ich mag ihn sehr.

Aber zurück zum kleinen Lexikon der Engel von Heinrich Krauss – ich hab darin sehr begeistert rum gelesen. Da werden nicht nur sämtliche Namensvarianten sämtlicher jemals irgendwo genannter Engel –  in hebräischer wie christlicher Bibel, den Apokryphen, im Koran und in allen Formen der Literatur – aufgeführt und erläutert, sondern auch das ganze Drumherum. Also es geht um die Engelchöre; das hat mich sehr interessiert, weil Jehudi im Buch von Ewald Arenz darüber sinniert, warum die Erzengel nur in den dritten Kreis gehören. Dann gehört dazu auch der ganze Volks- und – ich sag das jetzt mit aller Vorsicht – Aberglaube rund um Engel. Da finden sich sehr schöne Sachen. Zum Beispiel unter dem Stichwort „Magie“:

Es kann daher nicht überraschen, dass man trotz des eindeutigen Verbots jeglicher Art von Magie in der Bibel (Dtn 18, 1-11) auch im jüdisch-christlichen Bereich immer wieder versucht, sich durch die Anrufung von Engel oder Dämonen deren geistige Energien und Erkenntnisse anzueignen. (S. 114)

Wenn das mal nicht diplomatisch ausgedrückt ist …

Auch für Literaturinteressierte gibt es einige erhellende Beiträge. „Mephistopheles“ ist einer davon; Heinrich Krauss ordnet ihn ein – und unterscheidet dabei zwischen dem Volksbuch „Doktor Faustus“ und dem Faust von Goethe. Außerdem geht er den unterschiedlichen Spuren zum Namen nach; Sieht man darin griechische Wortbestandteile, ergibt sich die Bedeutung „Widersacher des Lichtes“, doch bei hebräisch ausgelegten Wortbestandteilen landet man bei „Verbreiter von Unsinn“. Beides nicht wirklich positiv, aber die zweite Version hat was.

Auch theologische und philosophische Geistesströmungen finden in das Lexikon ihren Eingang: Neuplatonismus, Judentum, Christentum und Islam. Heinrich Krauss bietet im Anhang eine Zusammenstellung biblischer Texte, in denen Engel auftreten. Das erleichtert bei manchen Einträgen die Einordnung. Spannend finde ich ja, dass beispielsweise das Buch Henoch in mehreren Sprachvarianten zu Grunde liegt – in slawischer und äthiopischer Sprache; hier gibt es offensichtliche Unterschiede bei der Darstellung der Engel.

Zugegeben – normalerweise hätte ich da nicht so viel Spaß dran gehabt, aber mit „Herr Müller, die verrückte Katze und Gott“ von Ewald Arenz als Folie, war mir dieses seriöse Lexikon eine große Freude.

Heinrich Krauss: Kleines Lexikon der Engel. Von Ariel bis Zebaoth, Verlag C. H. Beck, München, 2001, beck’sche Reihe, ISBN: 340645951X

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

2 Comments

  • Maike Claußnitzer

    9. März 2018 at 9:12 Antworten

    Das klingt ausgesprochen nett und interessant (aber allzu dämonisch sieht Abbadon auf dem Bild gar nicht aus, eher amüsant-verschroben).

    • Heike Baller

      9. März 2018 at 9:15 Antworten

      Ja, deshalb hab ich das Bildchen auch ausgewählt.
      Ich glaube, wir haben heute einen anderen Zugang zu diesen „Figuren“. Was Heinrich Krauss da geschrieben hat, ist ein durch und durch seriöses Lexikon – nur meine vorherige „Lektüreerfahrung“ macht daraus für mich so einen Spaß. Und: Ich finde es tatsächlich interessant zu sehen, was es auf dem Gebiet so alles gab und gibt.

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