Das hab ich heute Morgen aus der Zeitung erfahren. Ich gehöre mit zu den Generationen an Germanist:innen, die Karl Otto Conrady geprägt hat. Zumindest theoretisch.
Als ich Anfang der 80er orientierungshalber in die ersten Lehrveranstaltungen geschnuppert habe, hat mich der grauhaarige Professor ziemlich eingschüchtert. Das lag nicht an ihm, eher an mir. Uni war ja völlig fremd. Groß. Unbekannt und manchmal überfordernd. Also bin ich dieser Koryphäe respektvoll ausgewichen. Erst im Laufe der Jahre fühlte ich mich dem gewachsen – und ich habe die Vorlesungen bei ihm genossen.
Mein Kontakt zu Karl Otto Conrady
Ja, ich hatte zu Ende meines Studiums durchaus persönlichen Kontakt zu ihm Wenn auch weniger auf wissenschaftlichem Gebiet …
Den Abschluss meines Studiums hab ich mit einer Zitatesammlung gefeiert, die ich tatsächlich vor den Türen unserer Bibliothek zum Selbstkostenpreis verkaufen durfte. „Man müsste wieder wilde Blumen pressen“ hieß sie und darin fanden sich dann Stilblüten aus mehr als vier Jahren Studium. Solche von Dozent:innen und solche von Studierenden.
Karl Otto Conrady kaufte nicht nur ein Heftchen, sondern kam nach ein paar Tagen und kaufte noch ein paar mehr – zum Verschenken, wie er sagte. Er hatte Spaß daran.
Nach meinem Abschluss blieb ich eingeschrieben, wollte promovieren … Nun ja. Aber ich saß wieder in einer seiner Vorlesungen. Und als er einmal einen sprachlichen Klops brachte, schoss gleich seine Frage hinterher „Schreibt da wieder jemand mit?“ Klar 🙂
Zu seiner Emeritierung trug ich mit ein paar Kommiliton:innen eine reine Karl-Otto-Conrady-Zitatesammlung zusammen; jedes Zitat fein säuberlich mit Datum und Kommentar. Mit unserem Geschenk durften wir dann sogar kurz in den Senatssaal, wo die offizielle Verabschiedung lief, und es ihm selbst überreichen.
Ich habe – spät in meinem Studum, aber nicht zu spät – Karl Otto Conrady als einen klugen, humorvollen und warmherzigen Dozenten schätzern gelernt.
Und danach?
Eine letzte Anekdote: Wie Sie wissen, gibt es dieses Blog hier seit 2013.
Ich hatte gerade damit angefangen und überlegte, was da so alles rein soll. Bei einem der Workshop-Wochenenden meines Netzwerks Texttreff fand ein Workshop in dem Raum der „Bücher-Boutique“ statt. Nach (Fach)Gebiet sortiert lagen da die Bücher, die von Textinen bei Textinen eine neue Heimat suchten.
Im Workshop ging es ums Bloggen. Es war klar: Lyrik wird ein Schwerpunkt bei mir. Und als ich dann durch die Bücher-Boutique streifte, lag doch da auf einem der Tische „Der große Conrady“ – die große Sammlung deutschsprachiger Gedichte, die Karl Otto Conrady zusammengetragen hat. Mein Gepäck war auf der Rückreise also ziemlich schwer. Und der Band ist immer wieder eine Inspirationsquelle, wenn ich neue Gedichte für meine Rubrik „Hauptsache Lyrik“ suche.
Auch wenn ich nicht also „wissenschaftllich“ mit diesem großen Germanisten verbunden war, gilt Karl Otto Conrady eine Menge Dank. RIP.
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