Obwohl ich mehrere Bücher von Adalbert Stifter gelesen habe, ist mir vor allem „Der Nachsommer“ im Gedächtnis geblieben. In meinem Umfeld hieß es, Stifter sei Edelkitsch. Doch „Der Nachsommer“ ist mir in Erinnerung geblieben – je nach Situation verschiedene Szenen. Und man sehe es mir nach, dass ich den Text jetzt nicht auf die korrekte Wortfolge des kommenden Zitats durchforste. Der Satz „Die Sonne sonder geselliger Wolke am Himmel stand.“ hat mich einfach hingerissen. Damals, zu Beginn meines Germanistikstudiums, wusste ich sogar noch, welchen Genitiv Adalbert Stifter da benutzt. Der Satz war mir eine Freude – und schwirrt heute noch durch meinen Kopf, wenn ich einen blauen, wolkenlosen Himmel sehe.
Was blieb sonst von dem Buch? Eine gewisse Faszination gegenüber dem Haushalt Risach – die dort praktizierte Ordnung war mir schon als junge Frau ein bischen unheimlich. Doch dieses stete Bemühen um Schönheit hat ja auch was. „Ideal“ wäre zu hoch gegriffen, aber eine leichte Sehnsucht …
Das dritte, was blieb, ist die Szene, als der junge Mann die Schönheit der Statue in der Nische für sich entdeckt. Ja, da hat der pädagogisch interessierte Adalbert Stifter bei mir tatsächlich Erkenntnis evoziert: Nix kann man durch Erzählen vermitteln – „Erziehung“ beruht auf dem Schaffen von Gelegenheiten zur Erkenntnis.
Ein paar der Erzählungen habe ich auch gelesen – sie sind nicht so haften geblieben. Und in „Witiko“ bin ich nicht so reingekommen.
Dass Adalbert Stifter auch Maler war, wusste ich bisher nicht. Ich hab mir ein paar seiner Bilder angeschaut und festgestellt, das sie nicht so meins sind. „Biedermeier“ oder „Realismus“ steht als Kategorie darunter. Sie sind vor allem sehr detailliert – und wenn auch der Lichtschimmer über den Bergen, ja eben „schimmert“, weisen sie für meinen Geschmack zu wenig „Geheimnis“ auf. Ihre Gegenstände sind völlig durchdekliniert, lassen keine Fragen offen. Wenn man weiß, dass Adalbert Stifter sich für Natur interessiert, für Gestein und Tierwelt, dann kann man die Bilder auch als Illustrationen dieser Interessen sehen. Die Bilder ab 1850 sind da schon ein bisschen anders, aber der Stil der Bilder aus den 20er und 30er Jahren des 19.Jahrhunderts enstprechen den Naturschilderungen von Adalbert Stifter, der viele Seiten damit füllte, Landschaften zu beschreiben. (Vielleicht mochte ich Adalbert Stifters Nachsommer, wo es von diesen Schilderungen eine große Anzahl gibt – kein Wunder bei rund 1000 Seiten -, weil ich ja schon bei Karl May die Landschachaftsbeschreibungen nicht überblättert habe 😉 )
Adalbert Stifter zu lesen, kann also ein Akt der Muße sein – heute würden wir sagen „Entschleunigung“.
Sein Tod heute vor 150 Jahren war alles andere als biedermeierliches Idyll. Und nein, zu seinem Leben allgemein zu seinem Werk sag ich jetzt nicht groß was – das haben andere schon getan; 3 Beispiele:
Bisher gibt es noch keine Kommentare