Der „Klappentext“ zu „Heute . Dem Leben auf der Spur“ von Heidi Julavits klang so verheißungsvoll:
Ein magisches Buch über das Abenteuer, das wir ‚Leben‘ nennen: Heidi Julavits erforscht die eigene Existenz und bringt dabei das Außergewöhnliche im Alltäglichen zum Leuchten: radikal persönlich, zutiefst wahrhaftig und hinreißend komisch.
Doch ich hatte große, sehr große Probleme, der Ich-Erzählerin zu folgen.
- Erste Irritiation: Die Einträge dieser als Tagebuch geschriebenen Texte über zwei Jahre im Leben der Autorin sind nicht chronologisch.
- Zweite Irritation: Bei vielen Einträge habe ich mich gefragt „Was soll das heißen? Worauf zielt das ab?“ – Fragestellungen, Assoziationen und Lebensprobleme weit ab von allem, was mich angeht oder mir nachvollziehbar erschien.
Der Gegenpol: Sprachbilder, Sätze, die mich berührt haben. Und so habe ich es dann doch gelesen, nicht von vorn nach hinten, sondern zufällig – aufgeschlagen und entweder hängengeblieben oder zu gemacht, völlig ohne System. Dabei habe ich natürlich Sachen auch mehrfach „gefunden“ und mich mal mehr mal weniger damit befassen mögen.
Ach, Sie wollen jetzt mindestens ein Beispiel für so gelungene Sätze – mal sehen *blätterrascheln*:
Manchmal denke ich, keiner von uns glaubt wirklich, was er sagt; wir verteidigen nur unseresgleichen. (S. 264)
Unsere Verabschiedung war zwanglos, als würden wir uns in drei Tagen oder niemals wiedersehen. (S. 356)
Und diese Auswahl ist jetzt natürlich von meinem Geisteszustand abhängig, in dem ich das auswähle – morgen könnte ich anderes gut finden 😉 Insgesamt ein Buch, auf das man sich einlassen „muss“ und das dann etwas zu bieten haben kann, nicht muss.
Heidi Julavits: Heute. Dem Leben auf der Spur, übersetzt von Britt Somann-Jung, Atrium Verlag, Zürich, 2016, ISBN: 9783855350056
Maike
29. März 2017 at 17:05Das klingt wirklich eher nach einem Blätterbuch als nach einem, das man komplett von vorn bis hinten durchlesen mag.
Heike Baller
29. März 2017 at 19:25Ja, und es besteht immer die „Gefahr“, an einen Abschnitt zu geraten, der gerade so gar nicht passt 🙁