Friedrich der große Detektiv von Philip Kerr

Friedrich der große Detektiv von Philip Kerr

Wenn Sie das Cover dieses Kinderbuchs von Philip Kerr sehen, denken Sie sicher: Oh, das kommt mir aber bekannt vor!

Titelbild von Philip Kerr Friedrich der Große Detektiv: Gelber Untergrund, Litfasssäule mit dem Titel als Plakat, ein Junge mit brille schaut dahinter hervor, am oberen Bildrand hakenkreuzfahnen an eienr Mauer
Das Zitat ist klar, oder?

Stimmt, denn die Illustratorin Regina Kehn zitiert hier das berühmte Titelbild von „Emil und die Detektive“ von Erich Kästner. Und das hat Gründe!

Worum es geht

Vom Prolog abgesehen beginnt das Buch 1931 bei der Premiere des Films „Emil und die Detektive“ und Friedrich ist dabei! Sein Vater und Erich Kästner sind Kollegen und Nachbarn. Und Friedrich hat das Buch schon zigmal gelesen. Autor und Leser freunden sich an.

Friedrich lernt durch Kästner nicht nur Billy Wilder kennen, der das Drehbuch geschrieben hat, sondern auch Walter Trier – der mit der Illustration. Und das führt dann zu weiteren Bekanntschaften. Und Erkenntnissen.

Friedrich will selber Detektiv werden und später bei der Kriminalpolizei in Berlin arbeiten Mit seinen Freunden Leo, Doktor und Albert übt er da schon ein bisschen.

Doch: Die Zeiten sind im Wandel. 1933 kommen die Nazis an die Regierung. Friedrichs großer Bruder nimmt Friedrich mit zur großen Parade – und der schreit sich wie alle um ihn herum die Kehle heiser.

Später fragt er Kästner besorgt, ob er deswegen ein Nazi sei.

Der Vater der beiden Jungen ist gegen die Nazis, der große Bruder dafür. Der Alltag wird immer mehr von der Politik bestimmt. Friedrich und seine Freund*innen – „Doktor“ ist das schlaue Mädchen in der Gruppe – sehen zu, wie auf dem Opernplatz die Bücher brennen. Auch Friedrichs, von Kästner signiertes, Exemplar, das ihm sein Bruder unter der Drohung abgepresst hat, er müsse sonst ins Gefängnis.

Leo ist da schon aus Deutschland emigriert. Und sie wissen warum.

In den Sommerferien ist nun Detektivspielen dran – aber wie …

Die Kinder finden im Auftrag der Polizei was raus – und sagen es dort nicht, denn ihr „Auftraggeber“ ist involviert. Und nicht nett.

Als Friedrich Kästner davon erzählt, nimmt der ihm das Versprechen ab, nicht mehr Detektiv zu spielen.

Diese „Abenteuergeschichte“ ist in Prolog und Epilog eingebettet, die 1945 spielen. Völlig ahistorisch ist Kästner da noch in Berlin. Und da erfahre ich dann, wie es mit Friedrich, dem großen Detektiv, weiterging.

Wie schreibt Philip Kerr?

Angenehm. Und manchmal ein bisschen erklärbärig – wenn es um Reichstag und Brandenburger Tor geht z. B.

Das klingt jetzt, als sei es schwere Lektüre. Ist es nur bedingt – wegen des Inhalts. Philip Kerr lässt seinen Friedrich durchaus witzig daherkommen. Als im Kabarett der Komiker die von ihm sehr geschätzte Wandmalerei von Walter Trier übermalt wird und die Frau an der Kasse ihn warnt, den früheren Besitzer Robitschek nicht als Freund zu bezeichnen, denn Wände hätten Ohren:

Friedrich drehte sich um und sah gerade noch, wie ein Mann mit dickem Pinsel die große Ohren des Schimpansen übertünchte.

„Jetzt nicht mehr“, sagte er und stellte fest, dass er gerade einen Witz gemacht hatte, der Herrn Robitschek sicherlich gefallen hätte.

S. 76

Und natürlich ist der Titel allein schon hübsch – besonders in der Schrift auf dem Titelbild:

FRIEDRICH 
der 
GROSSE 
DETEKTIV .

Ein Buch, das aus der Sicht eines Kindes und Heranwachsenden die Entwicklung in der ersten Zeit der Nazi-Herrschaft schildert.

Im Nachwort schildert Philip Kerr dann, was aus den anderen „echten“ Personen aus dem Buch geworden ist. So sind die meisten jungen Darsteller des Films von 1931 im Krieg ums Leben gekommen …

Philip Kerr: Friedrich der große Detektiv, übersetzt von Christiane Steen, Illustrationen von Regina Kehn, Rowohlt Verlag Hamburg, 2017, ISBN: 9783499217913

2023 jährt sich die im Buch geschilderte Bücherverbrennung unter den Nazis zum 90. Mal.

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

2 Comments

  • Sabine Wirth

    13. Januar 2023 at 10:59 Antworten

    Liebe Heike,

    das ist ja eine interessante Geschichte! Ist Pilip Kerr zufällig der Bruder von Judith Kerr, der Autorin von „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“? Sie ist ja die Tochter des berühmten Alfred Kerr. Weihnachten kam der sehr bewegende Film in der ARD.

    Liebe Grüße von
    Sabine

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