Flamme der Freiheit von Birgid Hanke

Flamme der Freiheit von Birgid Hanke

Passend zu den Ferien erschien bei Knaur dieser historische Schmöker. Protagonistin ist eine Frau, die es gab – und von der man herzlich wenig weiß: Eleonora Pro(c)haska. Diesem Mangel hilft Birgid Hanke ab. Sie entwirft ein buntes Zeitgemälde, in dem sie die Motivation einer jungen Frau begründet, sich für die „Freiheit“ in den Kampf zu begeben.

Inhaltliches …

Der Roman beginnt mit einer Idylle: Ein siebenjähriges Mädchen, das bei seinem Großvater aufwächst, genießt große Freiheiten und freut sich auf den Schulbeginn. Ein kleiner Unfall führt dazu, dass sie von einem Fremden nach Hause gebracht wird. Dieser freundliche Mann wird vom Großvater barsch des Hauses verwiesen. Danach erzählt der alte Mann dem kleinen Mädchen die Geschichte ihrer Mutter. Nein, er erzählt sie nicht – Birgid Hanke erzählt sie, mit Details, die der alte Prohaska nicht wissen kann.

Sie entwirft ein lebhaftes Bild der Zeit um 1800 – die Armut der Landbevölkerung, das Leid von Kindern im Waisenhaus und die Eleganz, die Leichtigkeit des Lebens einer gräflichen Familie. Das sind die Pole in Eleonoras Leben, wie es Birgid Hanke entwirft. Eine begabte Sängerin, die im Alter von zwölf Jahren von einer Gräfin entdeckt und daraufhin gefördert wird, eine exzellente Gesangsausbildung genießt, mit dem Komtessen, den Enkelinnen der Gräfin, schwesterlich aufwächst. Wenngleich sie das Leben in dieser Umgebung genießt, vergisst sie ihre Herkunft nie, hält auch den Kontakt zu ihrem Vater. Der Bruder ist verschwunden.

Es kommt, wie es kommen muss: Eine unglückliche Liebe, Umstürze im Lebensumfeld – die Mäzenin stirbt – und die Flucht aus dem nunmehr unfreundlichen Haus führen Eleonora in die Dienstbarkeit. Als Köchin erwirbt sie ihren Lebensunterhalt. Dann begegnet sie ihm wieder – Alexander, dem Schwarm der letzten Jahre. Die Folgen sind jeder Leserin sofort klar – nicht umsonst tritt zu Beginn des Romas die mutterlose Enkelin des ollen Prohaska auf …

Der Charakter Alexanders ist widersprüchlich gezeichnet – hier hakt es bei meinem Verständnis am meisten. Ansonsten finde ich die Atmosphäre der Zeit zum Eintauchen gut geschildert.

Historische Realität der Eleonora

Was hat der Roman außer dem Namen, dem Brieffragment gegen Ende (nein, dazu sage ich jetzt weiter nix) und dem bezeugten Tod der Eleonora Prohaska als August Renz mit der echten Eleonora Prochaska gemeinsam?

  • Sie war im Waisenhaus.
  • Sie war Hausangestellte.

Aber von einer Sängerinnenkarriere ist nichts bekannt, Auch nichts von einem angenehmen Leben im Schoß einer gräflichen Familie – inklusive Absturz aus dieser Höhe.

Birgid Hanke hat ein umfassendes Zeitbild angestrebt, in dem eben sowohl Armut, als auch Klein(st)bürgertum (Vater Prohaska) und Adel abgebildet werden. Das hat sie geschaffen und so kunstvoll die Lücken in Eleonoras Lebenslauf gefüllt. Außerdem liegt in diesem Gegensatz, den Eleonora in allen Schattierungen duchlebt, die Begründung dafür, in den Krieg für die Freiheit zu ziehen. Persönliche und gesellschaftliche  Erfahrungen prägen die Roman-Eleonora.

Eleonoare Prochaska in der Kunst

Mit ihrer Beschäftigung mit der Figur der Eleonora steht die Autorin nicht allein. Im 19. Jahrhundert gab es eine Vielzahl literarischer Annäherungen an das „Heldenmädchen„. Eine moderne Adaption ist die Seite Eleonora Prochaska von Beate Klompmaker – auch sie mit soldatischer Erfahrung:

Die Nachfahrin von Eleonore Prochaska  eLEOnore ist von Oktober bis Feburar 2011 im als Soldatin in Afghanistan im Militäreinsatz . Sie führt mit ihrem Bruder Johann einen Briefwechsel und schildert ihre Erlebnissen als Soldatin. Nach ihrem Einsatz ist sie wieder in Berlin angekommen und verarbeitet ihre Erlebnisse in Afghanistan auf ihre Weise -erst einmal gar nicht – und macht Reisen nach Serbien, Albanien und Rumänien.

Mit dem Projekt “Eleonore ist da – Bitte bei Prochaska klingeln” werden die Geschichten transportierenden Orte in Neukölln und die sozialen Realitäten des Bezirkes sichtbar und zum Sprechen gebracht. (Dr. D. Kolland) (Quelle: Startseite Eleonora Prochaska)

Birgid Hanke: Flamme der Freiheit, Knaur, München 2013, ISBN: 9783426508770

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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