Eine Veranstaltung vorbereiten – „Holweide liest“ das „Buch für die Stadt“

Eine Veranstaltung vorbereiten – „Holweide liest“ das „Buch für die Stadt“
Caféhaus Wien für Roman Vienna das Buch der Stadt, das bei Holweise liest vorgelesen wird
Modernes Caféhaus in Wien – auch heute für viele ihr externes Wohnzimmer, so wie für die Großmutter der Erzählerin, die beinahe in einem Caféhaus ihren Sohn geboren hätte. Photo: Andreas Praefcke (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wien_Cafe_Central_2004.jpg), „Wien Cafe Central 2004“, https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/legalcode

Das „Buch für die Stadt“ ist in Köln eine Institution – eine Woche lang Veranstaltungen rund um einen Titel an möglichst vielen verschiedenen Orten in der Stadt und dem Umland. Dieses Jahr liest Köln „Vienna“ von Eva Menasse.

Als Besucherin genieße ich die Vielfalt der Angebote rund um so ein Buch, such mir was Interessantes aus und freue mich auf Austausch, Erkenntnisse oder gutes Vorlesen. Aber was ist alles nötig, um eine Veranstaltung auf die Bühne zu bringen? Wer macht da was? Wie viel Vorlauf braucht es dazu?

Das kann ich dieses Jahr miterleben, denn ich bin an der Vorbereitung der Veranstaltung von „Holweide liest“ am 8.11.2018 beteiligt 🙂

„Holweide liest“ – Literatur im Veedel

„Holweide liest“ gibt es schon seit 2000 – ein Team von Ehrenamtlichen bereitet zusammen mit Dr. Angelika Fürst vom Katholischen Bildungswerk sechs Veranstaltungen pro Jahr vor. Seit einiger Zeit finden sie in der Versöhnungkirche, Buschfeldstraße 30 in Holweide, statt. Pfarrer Ulrich Kock-Blunk gehört zum Team.

Die diesjährige Lesung zum „Buch für die Stadt“ ist eine mit professioneller Sprecherin – und es ist klar: Kommt jemand von außen, muss der Termin als erstes feststehen. Der 8.11.2018 wurde ausgeguckt. Dr. Angelika Fürst hat die Sprecherin angefragt, sie hat zugesagt – alles prima. Das war schon weit vor den Sommerferien in trockenen Tüchern, rund ein halbes Jahr vor der Veranstaltung. Die Absprachen begannen noch früher.

Ein Lesungsabend verlangt bestimmte „Regeln“:

  • Es darf nicht zu viel gelesen werden – bei einer Veranstaltung von 90 Minuten höchstens 60 Minuten lang.
  • Es bedarf einer Anmoderation und Hinführung, eventuell, wenn verschiedene „Leseblöcke“ vorgesehen sind, auch einer Zwischenmoderation. Die Verabschiedung nicht zu vergessen 😉
  • Bei Fragen und Diskussionen muss jemand den Hut aufhaben und die Leitung  übernehmen.
  • Mobiliar und Technik müssen da sein und funktionieren.

Der Teil, an dem ich mich nun beteiligen darf, hat mit dem ersten Punkt zu tun: Einen Roman von über 400 Seiten so vorzubereiten, dass auch die einen Eindruck davon bekommen, die das Buch noch nicht kennen. 60 Minuten Lesezeit als Maximum – nach einem Versuch mit Vorlesen und Zeitnehmen steht fest: Es dürfen höchstesn 25 Seiten Text in die Auswahl – uiuiuiui. Das ist wenig!

Einen Roman für „Holweide liest“ eindampfen

Neben Dr. Angelika Fürst und mir ist noch Monika Schmiedt-Schomaker, langjähriges Team-Mitglied bei „Holweide liest“, an der Zusammenstellung beteiligt. Faszinierend fand ich bei unserem Termin Anfang September, dass jede von uns „ihr“ Thema beim Lesen gefunden hat – die urigen Geschäftspraktiken dieser bemerkenswerten Familie, der Themenkomplex Judentum und Nazizeit und der Aspekt Familienerzählungen: drei Frauen, drei Themen. Das gab eine muntere Diskussion. Jede hatte schon ein paar Stellen markiert, andere schwirrten im Gedächtnis rum und mussten gefunden werden – auf diese Weise waren wir schnell wieder im Geschehen des Romans. Außerdem ging es um den Inhalt insgesamt, um den Stil und Aufbau – welche Stärken, welche Schwächen hat er.

Buch für die Stadt 2018 Köln Vienna Eva Menasse Judenn Zwangsarbeit , Holweide liest
Der Großvater der Erzählerin musste als Jude in der Nazizeit Wiens ebenfalls solche Arbeiten verrichten

Eine Herausforderung war von Anfang an klar: Der ständige Wechsel von Zeitebenen – an einer Stelle schafft es Eva Menasse innerhalb von anderthalb Seiten einen Bogen über mehr als 50 Jahre hin und zurück zu schlagen; das ist im Duktus des Buchs ganz organisch – aber versuchen Sie mal, solche Kapriolen in 25 Seiten Vorlesen abzubilden, wenn Sie davon ausgehen müssen, dass die, die zuhören, nicht wissen, welche Personen da im Geschwindschritt auf- und abtreten.

Immer wieder machten wir Notizen zu den drei Themen – welche Passagen kommen in Frage? Am Ende ging jede von uns mit Hausaufgaben heim: Die zu einem Themenkomplex ausgewählten Passagen so zu beschneiden, dass der Text dazu maximal 7, naja gut, 8 Seiten umfasst. Deadline: Anfang Oktober.

Diese Passagen müssen nun sinnvoll zusammengesetzt werden. Das bekommt dann die Sprecherin. Nun müssen noch Einführungs- und Zwischentexte zur Erläuterung entstehen – das läuft über den Oktober im Mailverkehr.

Und am 8.11.2018 bekommen die Zuhörerinnen und Zuhörer in Holweide hoffentlich einen Eindruck von diesem Roman.

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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