Wie schon in „Sommer auf Edenbrooke“ hat Julianne Donaldson mit „Eine Liebe in Blackmoore“ vor allem eine moderne Protagonistin in historischem Gewand gezeichnet. Kate Worthington hat einen sehr entschiedenen Charakter – und will Kate genannt werden, nicht Kitty. Erst mal denke ich als Leserin „Gut, das ist ihr zu kindlich“ – doch im Laufe der Geschichte erfahre ich mehr darüber. Liegt es an der Farbe – Black -, liegt es an den Assoziationen, die so ein Moor hervorruft: Der zweite Roman der Amerikanerin Julianne Donaldson ist deutlich düsterer. In Rückblicken werde ich an die Erfahrungen der 17-Jährigen in ihrer Kindheit und „Jugend“ herangeführt – dysfunktionale Familie wär da so ein Begriff.
Was erzählt Julianne Donaldson?
Kate will nicht heiraten – obwohl sehr schnell klar ist, dass sie liebt. Henry Delaford ist ihr Freund seit Kindertagen – und ihre große Liebe. Die sie sich selber offensichtlich nicht eingestehen will. Sie will mit ihrer Tante – alleinstehend und als verschroben geltend – nach Indien reisen. Ihre Mutter will aber ihre Töchter verheiratet wissen. Kate hat nicht nur Sehnsucht nach Indien und der damit erwarteten Unabhängigkeit. Sie will endlich Blackmoore kennenlernen – das Haus, in das Henry und seine Familie im Sommer immer verschwinden, zwischen Meer und Heide gelegen. Diesen Sommer soll es passieren – sie hat endlich eine Einladung, denn Henrys Mutter ist eigentlich gegen Kate und ihre Familie. Doch Kates Mutter hat auch was dagegen – sie erlaubt die Reise erst nachdem sie Kate einen Deal abgepresst hat: Kate muss in dieser Zeit drei Heiratsanträge erhalten und zurückweisen, dann darf sie mit der Tante nach Indien.
Blackmoore ist ganz anders, als Kate es sich vorgestellt hat. Und die Gesellschaft dort ebenfalls. Unter anderen ist die künftige Verlobte von Henry da und führt sich als angehende Hausherrin auf.
Kate überlegt, wie sie drei Heiratsanträge erhalten kann – und kommt nach sehr ernüchternden Erfahrungen mit den Männern im Haus und einen handfesten Streit mit ihrer Freundin Sylvia, Henrys Schwester, auf eine einleuchtende Idee …
Wie erzählt Julianne Donaldson?
Im Großen und Ganzen schlicht und geradeaus – und immer wieder gibt es zwischendurch ein paar Bilder und Formulierungen, die mich berühren. Es ist kein besonders literarischer Stil. Julianne Donaldson vermag es aber, ihre Geschichte spannend zu erzählen. Kate immer wieder zurückblicken zu lassen, führt zu einer sehr dichten Atmosphäre. So weiß ich mehr über Kates Beweggründe als zum Beispiel Henry – die spannungsgeladene Situation zwischen den beiden steigert sich so im Laufe der Zeit. Da ich aber mehr weiß, muss ich mich über die Begriffsstutzigkeit nicht so aufregen, wie beim Debut 😉
Was mich ein bischen genervt hat – die Charakterisierung von Mutter und Schwestern und anderer eher unsympathischer Gestalten gehen mir zu sehr in Richtung Karikatur … Bei der Mutter lässt Lady Susan grüßen.
Julianne Donaldson kommt mit relativ wenig Erläuterungen zum alltäglichen Leben um 1820 aus – das empfinde ich als angenehm. Wer erklärt schon heutzutage, was ein Auto ist?
Zur Gesellschaft auf Blackmoore gehört auch Herr Spohr, ein deutscher Komponist – ja, genau, Louis Spohr. Der war 1820 tatsächlich in England. Er nimmt sich der Musikerin Kate an; anstelle von Mozart gibt er ihr ein eigenes Werk zu spielen.
Texte reden miteinander – auch wenn Julianne Donaldson im Nachwort erklärt, wie sie auf den Namen Delaford für Henrys Familie gekommen ist: Wenn da gleichzeitg noch zwei Mr. Brandon rumschwirren, ist diese Namensgebung in meinen Augen ein Anspielung auf „Sense and Sensibility“ von Jane Austen – Oberst Brandons Wohnsitz heißt Delaford …
Auch dieses Buch von Julianne Donaldson ist eine gute Lektüre für zwischendurch – eine historische Romanze, wie gesagt nicht ganz so heiter und zum Lachen anstiftend wie das Debut, mit einer gewissen Spannung und viel schönem Vogelgesang (Kates zweite Leidenschaft neben dem Klavierspiel).
Julianne Donaldson: Eine Liebe in Blackmoore. Aus dem Englischen von Heidi Lichtblau, Pendo Verlag, München, 2018, ISBN: 9783492990073 (E-Book); 9783866124509 (gedrucktes Buch)
Die Stadtbibliothek Köln hält beide Möglichkeiten bereit: E-Book und gedrucktes Buch.
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