Kennen Sie die Beaufort-Skala? Ich kannte sie bis zu diesem Buch von Scott Huler nicht – ich bin aber auch nicht mit Segeln o. Ä. befasst. Scott Huler findet die Beaufort-Skala sprachlich schön.
Ein englisches Beispiel:
Beaufort Number 1 light air 1-3 MP/H: direction of wind shown by smoke but not by wind fanes (S. 200)
Auf dem Lesezeichen, das der mare-Verlag beigefügt hat, lese ich:
Beaufort-Grad 1, leiser Zug, kleine schuppenförmige Kräuselwellen, ohne Schaumkämme.
Die sprachliche Präzision dieser Einteilung hat es Scott Huler angetan.
Er macht sich auf den Weg, den Namensgeber dieser Skala zu entdecken: Francis Beaufort, Hydrograph, Admiral der englischen Flotte – und ein fast schon besessener Kartierer. Scott Huler findet heraus, dass Francis Beaufort ständig vermessen hat – wo er stand oder mit einem Schiff lag, wie die Lage, besonders unter Wasser!, dort war. Mit den immer genaueren Instrumenten, die zu seinen Lebzeiten aufkamen, konnte er äußerst präzise Karten anfertigen.
Scott Huler hat das selber ausprobiert. Auf den Spuren von Francis Beaufort fuhr er nach Montevideo und stellte fest, dass ihm für den historischen Teil der Stadt die historische Karte bessere Dienste tat als die aktuellen aus Reiseführern … Außerdem lobt er die Ästhetik der Karte: Es ist so viel wie nötig drauf, nichts Überflüssiges. Mit den für diesen Zweck angeeigneten Zeichenkenntnissen (das nenn ich mal Engagement!) versucht sich Huler an einer Vergleichszeichnung vom selben Standort wie sein Vorbild. Beide Zeichnungen stehen zum Vergleich bereit.
Scott Huler ist bei seiner Recherche sogar auf einen Großsegler gegangen, um quasi das Lebensumfeld von Francis Beaufort zu erkunden. Er durchstreift in seinem Buch die Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts und entdeckt „Verwandte“ der Beaufort-Skala, er setzt sich mit den Weiterentwicklungen auseinander – und das alles tut er mit Begeisterung und reißt mich als Leserin mit.
Das ist das Tolle an diesem Buch: Scott Huler versteht es, seine Faszination für das Thema zu vermitteln. Er erzählt packend, er gibt Einblicke in eine Wissensrichtung, die, wie ich vermute, noch mehr Menschen als mir bis dato ein unbekanntes Gebiet war. Ein lesenwertes Stück Wissenschaftsgeschichte – kein bisschen trocken, sondern äußerst lebendig. Solche Bücher darf es ruhig öfter geben.
Scott Huler: Die Sprache des Windes: Francis Beaufort und seine Definition einer Naturgewalt, übersetzt von Harald Stadler, mare Verlag, Hamburg, 2013, ISBN: 9783866482029
Bisher gibt es noch keine Kommentare