Ein Schwesternquartett hat Monika Peetz da geschaffen, das es nicht einfach hat. Nicht mit sich als vier Schwestern, nicht mit sich als Einzelne und nicht mit der Mutter.
Was erzählt Monika Peetz
Eine Mutter pfeift ihre vier erwachsenen Töchter ohne Angabe von Gründen heran – auf nach Holland in das Ferienhaus, in dem sie alle schon einmal einen Sommer verbrachten. Vor 20 Jahren.
Einen schlimmen Sommer, denn damals kam der Vater der Mädchen ums Leben.
Vier sind sie: Doro, die Älteste, Yella, die ihre Mutter bei der Geburt fast das Leben kostete und die Zwillinge Amelie und Helen. Jede ist anders. Jede hat ihre eigenen Erinnerungen an die gemeinsame Kindheit – damals, als sie sich die Sommerschwestern nannten.
Auch wenn Monika Peetz in jeden der vier Köpfe schlüpft – die meiste Zeit verbringt sie in Yellas Kopf.
Yella lebt in Berlin mit Daniel, ihrem Partner und den beiden gemeinsamen kleinen Söhnen in einer anstrengenden Beziehung. Denn Daniel will einen zweiten Roman schreiben. Und kommt nicht voran. Weshalb Yella das Familieneinkommen erwirtschaftet und die Kinder ruhig hält, wenn Daniel schreiben will.
An Yella nagen Zweifel: vor allem an sich selbst, aber auch an dieser Konstellation. Sie hält sich viel zurück und kleidet sich auch so.
Ihre große Schwester Doro ist ein anderes Kaliber – theatralisch, selbstbewusst, dominant. (In ihren Kopf schaut Monika Peetz so gut wie gar nicht …). Immer von Yella bewundert – und gehasst, denn die große Schwester ist unzuverlässig. In vielem!
Helen, die sachorientierte der kleinen Schwestern, konzentriert sich auf Fakten, hat ein Problem mit ihrem Partner, der der Mutter der liebste ihrer Schwiegersöhne ist, auch wenn die Hochzeitsglocken auch hier nicht geläutet haben.
Amelie ist ständig verliebt, immer in die falschen Männer und fühlt sich zu wenig beachtet. Sie versucht, in allen das Beste zu sehen, ist offen und herzlich und geht zwischen den Problemen der anderen wirklich ein bisschen unter. Sie hat aber ihre Fähigkeiten, die dann eher von Menschen außerhalb der Familie geschätzt werden.
Dass es bei dem von der Mutter arrangierten Treffen gehörig kracht, ist klar. Aber es gibt eben auch die anderen Momente – die des Zusammengehörigkeitsgefühls, die der Zuneigung. Die kurz darauf in tausend Scherben splittern.
Der Grund für die Zusammenkunft bleibt lange geheim – nur Doro weiß was, sagt aber nichts.
Es gibt aber auch noch andere Gründe – und da kommen dann neben den geschwisterlichen Rivalitäten auch existentielle Fragen ins Buch.
Spoilern tu ich nicht.
Wie schreibt Monika Peetz
Gekonnt. Und durchaus charmant und nah am Leben. Eine Äußerung der Großmutter – vier Töchter! – über ihre Enkelsöhne:
„Sie sind so beweglich“, klagte sie gerne. So abfällig, wie sie das Wort hinwarf, klang es, als wäre Temperament ein Schwerverbrechen.
S.10
Amelies Charakterisierung:
In Amelies Leben war immer Platz für neue Menschen. Ihre lange Liste an Beziehungsirrtümern dokumentierte eindrucksvoll, dass ihr gesundes Misstrauen, Skepsis und Vorsicht fehlten.
S. 172
Es ist ein Buch, das sich unter anderem deshalb gut lesen lässt, weil mit den verschiedenen Protagonistinnen jede*r Leser*in jemanden zum Identifizieren findet.
Eine nette leichte Lektüre.
Monika Peetz: Die Sommerschwestern, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2022/23, ISBN: 9783462303827
Es ist der Anfang einer Reihe – ob Monika Peetz im nächsten Buch die Schwerpunktperspektive wechselt?
Carmen Dreher
26. Juni 2023 at 21:47Das klingt doch nach einem netten Sommerroman für meinen Strandurlaub in Neuharlingersiel. 🙂 Danke für den Tipp!
Heike Baller
27. Juni 2023 at 9:57Viel Vegnügen! (Und wie geschrieben: Es gibt wohl inzwischen einen zweiten Band …)