Der Titel erinnert Sie an was? Wie schön, dann haben sie vielleicht sogar mal was von E. Marlitt gelesen.Um die geht es nämlich in dem Roman von Herrad Schenk – es ist ein biographischer Roman um die beliebte Schriftstellerin der Gartenlaube. Und wer meint, sie sei mit Hedwig Courths-Mahler in einen Topf zu werfen, bekommt es mit mir zu tun.
Aber der Reihe nach. Schließlich geht es hier nur in zweiter Linie um die Marlitt. Eigentlich wollte ich ja das Buch von Herrad Schenk vorstellen. Ich habe es vor rund 18 Jahren in der UB Düsseldorf entdeckt – und war begeistert. Herrad Schenk agiert darin auf verschiedenen Ebenen:
- da gibt es die „seriöse Biographie“
- es gibt innere Monologe, in denen die Marlitt selbst zu Wort kommt und viele Details aus ihrem Alltag berichtet
- es gibt (fiktive!) Tagebuchaufzeichnungen – sie wurden später aus Scham vernichtet
- und es gibt immer wieder die Expertenrunde.
Mit der fängt das Buch auch an. Mehrere Wissenschaftler sitzen zusammen und wollen Leben und Werk „der Marlitt“ einordnen. „Trivialliteratur“ ist das Wort, das mit ihr verbunden wird. Da sind nun ein Literaturwissenschaftler, ein Psychoanalytiker, ein Herr von der Gartenlaube und ein Vertreter der Gesellschaft für Trivialliteratur und Transzendenz versammelt und versuchen, ihre Eindrücke von E. Marlitt auf einen Nenner zu bringen.
Herrad Schenk arbeitet neben den fiktiven Bekenntnissen der Autorin auch echte Zeugnisse und Texte ein; besonders in der Expertenrunde sind solche Einsprengsel – kursiv gesetzt – das Mittel der Auseinandersetzung. Spannend ist der Vertreter dieser merkwürdigen Gesellschaft – das Ziel derselben wird nicht so richtig klar. Hm.
Mit der Mischung von Stilmitteln bekommt man ein umfassendes Bild von Eugenie John, deren Künstlername „Marlitt“ so viel heißen soll wie „Meine Arnstädter Litteratur“! Sie selbst kommt übrigens nicht nur in Tagebüchern und inneren Monologen zu Wort. Das hat dann was mit dem Mann von der Gesellschaft für Trivialroman und Transzendenz zu tun …
Leider ist dieses durchaus amüsante Werk nur noch Second-Hand oder in Bibliotheken zu finden.
Ach ja – schön war das Leben der Marlitt nicht unbedingt: Enttäuschungen aller Art waren die Regel und am Ende saß sie, durch Arthritis unbeweglich geworden, im Rollstuhl. Aber ihre Geschichten, die leben weiter (ich habe mal vor Jahren in Schwerin auf einem Ramschtisch einige pappgebundene Bücher von ihr gefunden, für ganz kleines Geld – und sofort zugeschlagen!*)
Herrad Schenk: Die Rache der alten Mamsell, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1996, ISBN: 346202504X
*Sinke ich nun als Schmonzettenleserin in Ihrer Achtung?
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