Inhalt des Beitrags
Kennen Sie diesen Titel von Heinrich Mann? Ich hatte, bis ich ihn im Programm des Input-Verlags* entdeckte, noch nie von ihm gehört.
Gut, ich bin jetzt auch keine Heinrich-Mann-Spezialistin. Aber neugierig.
*Da ich den Verlag erwähne – der ja Geld verdienen will! -, muss ich das als Werbung deklarieren. Außer dem Rezensionsexemplar gibt es keine Vorteile, die ich erlange oder erlangt habe.
Was erzählt Heinrich Mann?
In fünf Kapiteln – analog zum zu den fünf Akten des klassischen Dramas – erzählt Heinrich Mann von einer Stadt im Umbruch.
Es ist ein kleine Stadt in Italien, mit Marktplatz, Kirche, zwei Gasthäusern und Theater. Wie in jeder Gemeinschaft gibt es so’ne und solche und jede Gruppe hat eine Führungsperson:
- der Anwalt Ferruccio Belotti steht für den Fortschritt
- der Priester Don Taddeo fürs Konservative (wie sollte es anders ein …)
Belotti hat eine Theatergruppe eingeladen – Kunst und Kultur sind ihm wichtig (wichtiger als die Finanzierung eines neuen Löschwagens …). Die Künstler_innen rufen unterschiedliche Reaktionen hervor. Don Taddeo z. B. entdeckt an sich völlig ungewohnte Regungen – sündige Regungen! – als ihm die Sängerin Italia ( 🙂 ) beichtet.
Worum es geht?
Tja, Heinrich Mann selber sagt, es geht um Demokratie. Brände flammen auf – seelische wie echte. Und am Ende wird die Künstlertruppe aus der Stadt eskortiert. Es ist in vielem nicht mehr dieselbe Stadt.
Noch ein Thema
Liebeswirren …
Der schöne Tenor der Truppe wird gleich zu Beginn von einer Erscheinung getroffen – ein Frau geht in die Kirche und er entbrennt in Liebe.
Doch niemand scheint zu wissen, wer diese Frau ist. Kurz und gut: Es kommt dann doch heraus und parallel zu den Streitereien der beiden Parteien in der Stadt entwickelt sich eine echte Liebesgeschichte zwischen einem der Fremden und einer Einheimischen.
Wie erzählt Heinrich Mann?
Nicht leicht zu lesen – denn es gibt eine Fülle, um nicht zu sagen „Überfülle“ an Personal. Dabei haben die Macher_innen des Input-Verlages bereits ein paar Kürzungen vorgenommen …
Nicht nur die Einteilung in fünf Kapitel macht den Eindruck eines Theaterstücks – auch wie Heinrich Mann manche Szene aufbaut:
Als sie fort waren, entstieg den dunklen Bogen des Rathauses der Advokat Belotti und schwänzelte zur Apotheke hinüber.
S. 114
Wenn das keine Theaterszene ist … Und deren gibt es mehrere.
Die Theatertruppe führt eine Oper auf. Und mir kommt die Zusammensetzung der beiden Handlungsstränge, wenn man sie denn so präzise scheiden will – also die Entwicklung in der Stadt und die Entwicklung der Liebesgeschichte – ebenfalls „musikalisch“ vor: Wie eine Fuge, um genau zu sein, mit Thema und Gegenthema. Allerdings ohne „Vorstellung“ der Themen zu Beginn, sondern direkt ineinander verflochten.
Die Aufmachung des Buchs
Der Input-Verlag in Hamburg hat das Buch von Heinrich Mann in der Reihe „Perlen der Literatur“ herausgegeben. Die sehen von außen erst einmal alle ähnlich aus – blaues Leinen, Titel in Silberprägung – auf Front und Rücken. Das Vorsatzpapier ist bei jedem Band unterschiedlich – hier sind es die lachende und weinende Theatermaske. Ein Blatt mit diesem Motiv scheidet die Kapitel untereinander. In den Text eingebaut sind einzelne Sätze in einer Anmutung von „Handlettering“ – Illustration und Auflockerung zugleich. Insgesamt also sehr hübsch gemacht.
Heinrich Mann: Die kleine Stadt, neu bearbeitet von Béatrice Gerhard, mit einem Vorwort von Charlotte Ueckert, Perlen der Literatur Band 7, Input-Verlag, Hamburg, o. J., ISBN: 9783941905351
Diese Besprechung gehört in meine Reihe Mann-Marathon.
Bisher gibt es noch keine Kommentare