Das Buch von John Barton ist schon speziell – bei mir läuft es unter „Fortbildung“ ;-). So sieht das dann aus:
Der vollständige Titel deutet an, worum es geht: „Die Geschichte der Bibel von den Ursprüngen bis in die Gegenwart“. Und das heißt?
Worum geht es John Barton?
Nicht um Religion. Sondern um Bibelwissenschaft.
Dafür nimmt er die Bibel Stück für Stück auseinander, prüft, wann welche Texte entstanden sein können, welche Quellen verwendet wurden. Er analysiert die Sprache. Und fragt nach echten historischen Bezugspunkten – dabei macht er eben auch deutlich, wo es die nicht gibt.
Auch die Intentionen der verschiedenen Redaktionen – Textschichten – ist ein Thema.
In Teil 1 ist die Hebräische Bibel dran – wobei der Begriff selbst dann auch noch mal kritisiert wird; ebenso wie „Altes Testament“ …
Teil 2 – klar: Neues Testament. Welche Texte gibt es und in welchem Zusammenhang stehen sie zu ihrer Umwelt – Stichwort unter anderen: Hellenismus.
Teil 3 hat dann die Texte als Texte zum Thema – wie kam der Kanon zustande? Welche Kriterien gelten für offizielle und inoffizielle Texte und wer entschied darüber aus welchen Gründen wie – der reinste Krimi.
Im vierten Teil geht es um den Sinn der Bibel – was ist ihr Thema? Hat sie eins? Oder viele? Und wie wurde sie im Laufe der Geschichte von einzelnen Gruppen interpretiert? Das ist dann der Teil, wo es über Rabbis und Kirchenväter, übers Mittelalter und die Aufklärung bis heute geht: Was wird zur Bibel diskutiert, welche Interpretationsstränge ziehen sich durch, brechen ab, werden wieder aufgenommen?
Und ganz zum Schluss die Frage: Was hat die Bibel mit dem zu tun, was gemeinhin „Glauben“ genannt wird?
Ein Parforceritt?
Ja, ein Parforceritt! Und sehr faszinierend.
Ich geh hier jetzt nicht in die inhaltlichen Details – dann würde der Beitrag eindeutig zu lang. John Barton vermag es auf jeden Fall, die einzelnen Aspekte in den Teilen miteinander in Kontakt zu bringen und die Spannung hoch zu halten.
Wie schreibt John Barton?
Ich bin gut mit seinem Stil zurecht gekommen. Ich finde ihn klar, bei aller Komplexität des Themas lebendig und ansprechend. Seine eigene Geschichte als Vertreter der Bibelwissenschaft aus England, einem Land mit einer eigenen Kirche, kommt immer wieder zum Ausdruck – persönlich, per „ich“. Er stellt sich auch mit seinen Leser_innen in eine Reihe, wenn er „wir“ sagt. Auch wenn manche Rückbindungen an bereits Geschriebenes mit „s. Kapitel yx“ stattfinden, wiederholt er – mit anderen Worten und Schwerpunkten – seine zentrale Aussagen durchaus; das bleibt dann auch hängen.
Es ist keine leichte oder schnelle Lektüre – ich empfand sie als sehr erhellend. Und dass es in der Bibel keinen Beleg für die Trinität gibt, habe ich in einem Gottesdienst bereits vor ein paar Jahren als Thema gehabt.
Eine Empfehlung für Freaks 😉 – aber eine richtig starke Empfehlung.
John Barton: Die Geschichte der Bibel von den Ursprüngen bis zur Gegenwart, übersetzt von Jens Hagestadt und Karin Schuler, Klett-Cotta, Stuttgart, 2020, ISBN: 97836008949193
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