Inhalt des Beitrags
Colleen Cambridge heißt gar nicht so – es ist das Pseudonym einer Autorin, die für die New York Times schreibt. Auch wenn es ein Cambridge in den USA gibt – noch dazu ein berühmtes –, ist die Wahl dieses Ortsnamens sicher nicht zufällig, wenn die Ermittlerin die Haushälterin von Agatha Christie ist.
Worum geht es?
Um einen Mord – ist ja ein Krimi. Und um mehr – Colleen Cambridge entwickelt ein Bild vom häuslichen Leben der britischen Upperclass aus der Sicht einer Frau, die zwischen den Schichten steht. Eben der Haushälterin von Agatha Christie. Deshalb zuvor ein paar Worte zu ihr:
Sie heißt Phyllida Bright (Mrs.!), hat rotblonde Haare, hält ihr Alter geheim und ist eine Freundin Agatha Christies aus Kriegstagen. Sie hat eine Schwäche für Hercule Poirot – den seine Schöpferin inzwischen ermüdend findet – und führt den Haushalt effizient und mit freundlicher Strenge. So ist sie einerseits eine Angestellte ihrer Freundin, gehört im Bereich der Dienstboten zu den Höhergestellten – neben dem Butler und der Zofe. Sie entscheidet über die Einkäufe, stellt Personal ein – wird leider nötig in diesem Band – und weist den Dienstmädchen ihre Arbeit zu.
Für die Diener ist der Butler zuständig. Er empfindet Phyllida Bright als Fehlbesetzung: Sie ist ihm zu jung, zu hübsch und viel zu sehr von sich eingenommen.
Agatha Christie ist hier schon ein paar Jahre mit Max Mallowan verheiratet – das Buch spielt also circa 1931 oder 1932. Das fiktive Anwesen der beiden heißt Mallowan Hall – dem echten Landsitz von Agatha Christie, der in einigen ihrer Romane vorkommt, ist das Gebäude nicht sehr ähnlich.
Nun aber endlich zur Handlung:
Mrs. Agatha und Mr Max, wie die Dienstboten ihre Herrschaft betiteln, haben Gäste. Acht geladene und einen ungeladenen. Den findet Phyllida Bright am nächsten Morgen mit einem Füllfederhalter im Hals in der Bibliothek, Kein Wunder, dass der Constable erst einmal herzlich lacht: Eine Leiche in der Bibliothek einer Krimi-Autorin …
Es entwickelt sich ein klassischer Whodunnit-Krimi, mit unfähigen Polizeibeamten und einer Ermittlerin eigener Gnaden. Das Ende findet in romanhafter Manier statt – hier spielt Colleen Cambridge mit den Erwartungen aus den Romanen Christies: Alle in der Bibliothek versammelt und Phyllida hat ihren großen Auftritt. Mit durchaus überraschendem Ende!
Dazwischen spielen sich die kleinen und großen Dramen eines Haushalts ab, die Phyllida als „Chefin“ regeln muss. Die Hierarchien in der Welt der Angestellten ist klar – als das zweite Küchenmädchen zum ersten Küchenmädchen aufsteigt, macht sich das sofort an größerer Gesprächigkeit bemerkbar.
Wie schreibt Colleen Cambridge?
Angenehm mit leicht ironischem Unterton:
Seine Kleidung war elegant, seine Hose von der Art, wie man sie in einem Warenhaus zu kaufen bekam, nicht maßgeschneidert, aber von guter Qualität. Er trug ein gut geschnittenes Jackett aus bestem Wollstoff, das erst seit etwa zwei Jahren unmodern war. S. 10
Phyllida Bright ist inzwischen noch zwei Mal auf Deutsch als Detektivin in Erscheinung getreten, Im deutschen Verlag gibt man sich Mühe mit den Titeln, die Aufmerksamkeit erzeugen sollen, mit Hilfe von Substantiven der besonderen Art – hier ist es die „Die Dreitagemordgesellschaft“; der vom zweiten Band lautet „Der Cocktailmörderclub“ und der dritte, gerade Ende November erschienen, „Der Krimidinnermord“.
Die Originaltitel sind wesentlich weniger aufsehenerregend: The Murder at Mallowan Hall, A Trace of Poison, Murder by Invitation only. Und offenbar kann man sich schon auf einen vierten Band freuen: Murder takes the Stage – mal schauen, welches Substantiv dafür im Deutschen genutzt werden wird. 😉
Ich habe den zweiten Band auch gelesen und fand ihn ebenso gut wie den ersten – außerdem hat meine Lieblingskrimiautorin Dorothy L. Sayers darin einen Auftritt …
Colleen Cambridge: Die Dreitagemordgesellschaft, übersetzt von Angela Koonen, Bastei Lübbe Verlag, Köln, 2024, ISBN: 9783404193370
Bisher gibt es noch keine Kommentare