Der Zauberberg von Thomas Mann

Der Zauberberg von Thomas Mann

Das war meine Sommerlektüre – „Der Zauberberg“. Es war das zweite Mal in meinem Leben, dass ich ihn gelesen habe und im Gegensatz zum ersten Mal hatte ich Spaß und hab auch was behalten.

Handlung im Zauberberg?

Das ist so ’ne Sache – dafür, dass Hans Castorp sieben Jahre dort oben weilt, passiert erstaunlich wenig. Aber das wissen Sie ja.

Ganzkurzfassung: Hans Castorp fährt von Hamburg nach Davos, um seinen lungenkranken Vetter Joachim Ziemßen zu besuchen, der dort auf Heilung hofft. Er trifft dort auf ein anderes Zeitverständnis – die kleinste Einheit ist ein Monat … Und er trifft eine Ansammlung interessanter Menschen: Herrn Settembrini, einen Humanisten, das Ärzteteam um Hofrat Behrens und Dr. Krokowski, Hermine Kleefeld, eine lebenslustige junge Frau, Madame Chauchat, die mit ihren lässigen Manieren und dem Türenknallen erst mal seine Abneigung erweckt. Diese drei Wochen des Besuchs dauern im Roman vier Kapitel lang. Dann bleibt er länger, weil er auch nicht so ganz gesund ist … Tja, und am Ende kommen sieben Jahre dabei raus.

Thomas Mann und seine Frau Katia 1929 zu "Der Zauberberg"
Da Thomas Mann seine Frau Katia in Davos besuchte, kannte er die Szenerie dort gut. Bundesarchiv, Bild 183-H27031 / CC-BY-SA 3.0 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-H27031,_Berlin,_Thomas_Mann_mit_Gattin.jpg), „Bundesarchiv Bild 183-H27031, Berlin, Thomas Mann mit Gattin“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode

Ein Großteil des Romans besteht aus Gesprächen – über Zeit, Fortschritt, Politik, Philosophie, Liebe, Krankheit und Tod. Klingt dröge? Fand ich dieses Mal nicht. Und das liegt daran, wie Thomas Mann seinen Zauberberg geschrieben hat.

Wie ist der „Der Zauberberg“ geschrieben?

„Unterhaltsam“ ist etwas schwierig – stimmt aber trotzdem. Und ja, weitschweifig ist er auch.

Der Stil von Thomas Mann ist – naturgemäß – etwas old school.

Er beugt Wörter, die wir heute ungebeugt nutzen:

… bei der Bank am Abhange …

S. 237

Er nutzt Wörter, die uns altmodisch erscheinen, nutzt Wörter in ungewohnten Zusammenhängen:

Knabenwort

S. 589

… seine Augen eiferten, …

S. 393

Und er hat eine Art, mich zu überraschen:

Denn namentlich darin war er echt, daß (sic!) er gern gut lebte, ja, seines dünnblütig verfeinerten Äußern ungeachtet, innig und fest, wie ein schwelgerischer Säugling an der Mutterbrust, an des Lebens derben Genüssen hing.

S. 51

Ich weiß noch, wie mich dieser Satz faszinierte – diese verbundenen und als solche ja auch benannten Gegensätze, die einen stimmigen Gesamteindruck vermitteln.

Auch manche Kommentare des Erzählers haben ihren Reiz:

… so finden wir ihn im Schreib- und Lesezimmer, jenem Gesellschaftstraum, wo ihm einst (dies Einst ist vage; Erzähler, Held und Leser sind nicht mehr ganz im klaren über seinen Vergangenheitsgrad)

S. 840 f

Ich hab da Freude dran,

Leitmotive in „Der Zauberberg“

Thomas Mann schafft es, die einzelnen Figuren in „Der Zauberberg“ mit bestimmten Beschreibungen unverwechselbar zu machen. Dabei schildert er immer wieder dieselbe Geste, z. B. das Stützen der Haare bei Clawdia Chauchat – die rechte Hand stützt die Flechten. Das kommt immer wieder vor und jedes Mal baut Thomas Mann eine kleine Variation ein.

Auch Herr Ferge, ein einfacher Mensch, „dem alles ‚Hohe‘ absolut fernliege“, taucht in jeder seiner Szenen mit diesem Motiv auf.

Und dann Mijnheer Peeperkorn und seine „großen zerrissenen Lippen“, sein „weh zerrisener Mund“, seine „breiten unregelmäßig zerrisenen Lippen“ – so geht das bei jedem Auftritt von ihm.

Was mich daran so fasziniert, sind die minimalen Variationen, die Thomas Mann nutzt, um jedes Mal dasselbe etwas anders zu sagen.

Und wenn ich dann mal an meine Haare fasste, tauchte vor meinem geistigen Auge die Hand der Clawdia Chautchat auf …

Wie geht es nach dem Zauberberg mit mir und Thomas Mann weiter?

Auch wenn ich das Buch als Teenager schon gelesen hatte – mit Thomas Mann hatte ich lange Jahre Probleme. Dann habe ich erst an einigen Novellen Gefallen gefunden, darauf an „Der Erwählte“ und an „Joseph und seine Brüder“. Und nun will ich mehr. Das Ergebnis der glücklich vollendeten Lektüre ist dieser Bücherstapel:

Nach "Der Zauberberg" warten weitere Bücher von Thiomas Mann auf mich
Futter für den geplanten Mann-Marathon 😉

Tatsächlich zumindest noch mal die Höllenfahrt aus „Joseph und seine Brüder“ lesen, ein zweiter Versuch für „Dr. Faustus“ und „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“.

Außerdem gibt es ja noch mehr Personen in der Familie, die geschrieben haben: Erika Mann, Klaus, Mann, Heinrich Mann, Golo Mann, Frido Mann … Reichlich Stoff, kein Sprint, sondern ein Marathon. Deshalb beginne ich hier das Projekt „Mann-Marathon“. Ich setze mir kein Zeitlimit – aber die Werke der Familie Mann sollen mich begleiten. Und ich erzähle dann, wie es so läuft. #MannMarathon wird es dann bei Twitter heißen 😉

Thomas Mann: Der Zauberberg, S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main, 2002, ISBN: 9783596904167

Die Stadtbibliothek Köln hält verschiedene Ausgaben vor:

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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