Der Ringeltaubenmantel von Maike Claußnitzer

Der Ringeltaubenmantel von Maike Claußnitzer

Mit „Der Ringeltaubenmantel“ stellt Maike Claußnitzer andere ihrer Figuren in den Vordergrund als sonst, denn Herrad und ihre Bagage – inklusive Geister – sind zu einer Familienfeier gereist. Ardeija verflucht den Umstand zwischenzeitlich sehr!

Was passiert in „Der Ringeltaubenmantel“?

Ardeijas Eltern üben ihr noch sehr rudimentäres Latein in der Nekropole südlich von Aquae Calicis – sie versuchen, Grabinschriften zu entziffern. Gemütlich aneinander gelehnt studieren sie die Inschrift des Grabs von Marcus Valerius, Sohn eines anderen Marcus – so weit sind sie, als Theodulf im Gras etwas entdeckt. Es ist ein wunderschöner grauer Seidenumhang, den Asri gerade mit Fachfrauenaugen begutachtet, als Faustina, ihre Nachbarin, mit ihrem Sohn herbeieilt und den Mantel für sich reklamiert. Asri überlässt ihn ihr bedauernd – sie und Theodulf sind überzeugt, dass der Mantel ihr nicht gehören kann … Doch ihnen ja auch nicht.

Währenddessen nimmt Ardeija einen Dieb fest, der in der Bischofskirche einen Helm geraubt hat, der als Votivgabe ausgestellt war. Der Dieb beschimpft alle und pöbelt ziemlich rum.

Bei Richenza erfährt er von ihrem frommen Lehrling, dass in der Kirche ein Fremder laut gebetet habe, Gott möge ihn bei der Rache an Elsungs Mörder unterstützen. Dumm nur, dass Theodulf im Familienkreis gerade gestanden hatte, Elsung, den leiblichen Vater von Rambert, Ardeijas angenommener Tochter – kommen Sie noch mit? – getötet zu haben. Ardeija macht sich Sorgen um seinen Vater.

Mit anderen Worten: In diesem Band steht Ardeija mit seiner Familie im Mittelpunkt.

Frau in blauem Pullover hält Buch mit "Der Ringeltaubenmantel" als Titel hoch. Das Buch ist drau meliert.
Das Bild habe ich bei Twitter gepostet, als das Buch am 7.12.2021 bei mir eintraf

Was ist – neben Ardeijas Familiengeschichte – besonders?

Wie Maike Claußnitzer im Interview hier im Blog schon gesagt hat: Frühere „Nebenfiguren“ – manche nur ein oder zwei Mal erwähnt, am Rande, nur Namensnennung – die bekommen auf einmal eine Geschichte. Und was für eine!

Faustina gehört dazu – so viel verrate ich. Eine Frau mit erstaunlichem Hintergrund! Aber auch eine alte Bekannte aus Niedergerichtszeiten – Ardeija war schon bei Harrads vorheriger Karrierestufe der Hauptmann ihrer Wache – hat einiges zu verbergen, was mit einer kleinen Gelegenheitsdiebin nicht unbedingt in Zusammenhang gebracht wird.

Hintergrund für alle dramatischen Ereignisse ist nach wie vor der Bürgerkrieg ein paar Jahre zuvor – hier wirken Verletzungen körperlicher und seelischer Art nach. Und Verrat kommt ans Licht.

Und was ist mit dem Ringeltaubenmantel?

Sie haben es schon erraten – das ist der, den Theodulf in der Nekropole entdeckt hat. Und mit dem hat es einiges auf sich. Faustina und ihr Mann kommen jedenfalls zu Asri, mit der Bitte ihn zu reparieren. Dabei müssen sie dann doch sein Geheimnis preisgeben. In einer Rückblicksgeschichte, die aus Aquae Calicis weit hinausführt.

Übrigens profitiert später noch ein kleiner grüner Geselle von den Fähigkeiten des Ringeltaubenmantels – womit es eine weitere heitere Ebene gibt.

Die Geister

Im Laufe der Geschichten rund um Aquae Calicis erlernen immer mehr Menschen die Fähigkeit, Geister zu sehen. Auch in diesem Band. Eine ist darunter, die das gar nicht wollte. Und nun in ihrem Beruf täglich mit einem Geist streiten muss.

Asri erlernt es auch und ist glücklich darüber.

Die Szenen, in denen Maike Claußnitzer schildert, wie die Welt für die aussieht, die Geister sehen können, sind immer wieder bezaubernd. Alltag in Nebelgrau schimmert vorbei. Überhaupt – die Adjetkrive zur Beschreibung der Geister …

Und der Stil in „Der Ringeltaubenmantel“?

Maike Claußnitzer halt 😉. Mit Freude an kleinen Sprachspielereien, mit Präzision und liebevoller Ironie gegenüber ihren Figuren.

Im Frühjahr nach dem Krieg kam Faustina im Laufe einer Woche zu einem Zaubermantel (Jetzt ist es raus … H. B.), einer besten Freundin und einem Mann, wenn auch nicht genau in dieser Reihenfolge.

S. 108

„Ach, macht Euch keine Gedanken“, sagte Ardeija heiterer, als es der Lage vermutlich angemessen war. „So schlimm, dass sie deswegen Klage führen möchte, kann Euer Fisch nicht gewesen sein.“

S. 283

Ich hatte so viel Freude an dem Buch, dass ich es an einem Tag ausgelesen habe …

Ausschnitt aus Twitter - Mitteilungen, wann ich wo im Buch bin mit Kommentaren dazu von Maike Claußnitzer @ardeija
Meine „Liveberichterstattung“ über meine Lektürefortschritte

Illustrationen

Wieder hat Sameena Jehanzeb das Buch gestaltet – mit einem wunderbaren grauen Jacquard-Stoff für den Titel und einer bezaubernden Taube für die Kapitelanfänge.

Maile Claußnitzer:  Der Ringeltaubenmantel, Norderstedt, 2021, ISBN: 9783755742852

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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