Dallmayr – Der Traum vom schönen Leben von Lisa Graf

Dallmayr – Der Traum vom schönen Leben von Lisa Graf

Tja, „Der Traum vom schönen Leben*“ ist für eine Person in der Familie Randlkofer schon am Anfang des Buches ausgeträumt – Anton Randlkofer ist schwer krank und als Leserin (nicht nur des Klappentextes 😉) weiß ich, dass er sterben wird. Seine Frau Therese aber träumt nicht nur, sondern packt an.

Schwarz-weiß-Doppelportrait , der Mann mit graumeliertem Haar und Glatze , die Frau im hochgeschlossenen schwarzen Kleid.
Das Ehepaar Randlkofer, vermutlich vor 1897

Worum geht’s in „Der Traum vom schönen Leben“?

Therese und Anton Randlkofer haben gerade vor wenigen Jahren einen Neustart hingelegt – ein Delikatessengeschäft übernommen und große Pläne. Anton ist nun erkrankt; als er stirbt, übernimmt Therese den Laden. Und wie! Neue Ideen ohne Ende, Mut zu Experimenten, ein gutes Händchen für ihr Personal und daraus resultiert schon früh eine Menge Erfolg.

Für die, die sie näher kennen, nicht überraschend. Für ihren Schwager Max Randlkofer ein Ärgernis. Er versucht, der Witwe Steine in den Weg zu legen.

Neben Therese spielen noch andere Personen wichtige Rollen im Kosmos des Hauses Dallmayr:

  • Balbina, eine Nichte, die den Onkel liebevoll gepflegt hat, Spaß am Kochen und Experimentieren hat und sich in ältesten Sohn des Hauses verliebt
  • Hermann, besagter ältester Sohn, dem Balbina gut gefällt. Nach dem Tod des Vaters bekommt er die Möglichkeit, nach La Palma zu reisen. Ergebnis: Erste Bananen in Deutschland.
  • Ludwig Loidl, Lehrling im Haus Dallmayr, ein Gourmet in Sachen Süßkram, mit Talenten auf dem Gebiet. In Balbina verliebt …
  • Korbinian Fey, ältestes Team-Mitglied, kennt alle und macht alles, was ansteht, behält Ruhe und Überblick.
  • Paul, Hermanns kleiner Bruder, für den Balbina mitsorgen soll – zur Schule bringen usw., was ihm aber gar nicht mehr so recht passt – er ist doch schon groß
  • Elsa, die Schwester der beiden, behandelt Balbina sehr von oben herab, kann lügen wie gedruckt und hat einen sehr eigenen Kopf.
  • Rosa Schatzberger, die Buchhalterin der Firma. Sie und Balbina freunden sich an,

Dann kommen noch Freunde des Hauses dazu – besonders Michael von Poschinger erweist sich als ganz großer Freund in der Not.

Ludwig und seine Schwester Lilly stehen seit dem Tod des Vaters unter der Vormundschaft von Georg von Vollmar, adlig und Sozi. Durch ihn kommt Ludwig das erste Mal ins Café Victoria – hier entscheidet sich seine Zukunft, auch wenn er bei Dallmayr bleibt. Auch Lilly hat ihre Pläne, bei denen der Vormund sie unterstützt.

Es gibt also einiges an Handlungssträngen, die sich jedoch alle dem Hauptstrang – der Entwicklung des Hauses Dallmayr und damit Thereses Traum vom guten Leben – unterordnen.

Historische Hintergründe

Die Entwicklung des Hauses Dallmayr unter Therese Randlkofer ist eingebettet in Zeit- und Lokakolorit. Ich bekomme das neu erbaute Residenztheater gezeigt, erfahre vom Unwetter, das die Luitpoldbrücke im September 1899 zerstört hat und schnuppere Künstleratmosphäre in einer der Malschulen, die – quel horreur für die feine Gesellschaft – auch Damen unterrichtete.

Selbst Albert Einstein taucht auf – noch ganz jung und mit der elektrischen Beleuchtung auf dem Oktoberfest befasst.

Wie erzählt Lisa Graf?

Bewährt gut 😊

Sie verschränkt die verschiedenen Handlungsstränge so, dass immer eine Spannung bleibt.

Sie wechselt die Perspektiven mit den Personen, die im jeweiligen Abschnitt im Mittelpunkt stehen. Auch die Perspektive von Max kommt vor; wie sie im Interview zum Buch erzählt, sieht sie ihn als einen Mann seiner Zeit, der seine Privilegien davonschwimmen sieht, wenn eine Frau das Geschäft in eigene Hände nimmt. Noch dazu erfolgreich! Seine Gemeinheiten werden aber nie sooooo schlimm, dass ich mich als Leserin graulen müsste.

Ich hatte ein bisschen Sorge, dass sich bei der Fülle an historischem Material ein Erklärbärton einschleichen könnte – auch diese Klippe umschifft Lisa Graf gekonnt. Bis auf ein oder zwei Ausnahmen ist der Erzählton und auch der der gesprochenen Sprache im Buch, der Zeit und den Umständen angemessen, ohne in einen gewollt historischen Ton zu verfallen.

Ich habe nachts um halb eins nur aufgehört, weil ich ach so vernünftig bin; der Rest des Buches war am nächsten Tag in der Mittagszeit dran …

Da es nach „Der Traum vom guten Leben“ noch weitere Bände rund um Dallmayr geben wird, ist das Ende ein bisschen offen – aber es gibt keinen richtigen Cliffhanger; dafür aber schon eine Leseprobe 😉

Lisa Graf: Dallmayr. Der Traum vom schönen Leben, Penguin Verlag,  München, 2021, ISBN: 9783328602040

*Ich nehme den Titel des Einzelbandes – Lisa Graf hat noch zwei weitere Bände zum Haus Dallmayr in der Pipeline, weshalb der Titel „Dallmayr“ nicht sinnvoll für die Rezension ist.

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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