Im neuen Jugendbuch von Heike Abidi geht es – mal wieder – um eine einschneidende Veränderung im Leben einer jungen Frau. Und wie die junge Protagonistin damit umgeht.
Was erzählt Heike Abidi
Victoria ist in der Notaufnahme – bei einem Sportwettbewerb hat sie, die sichere Bank beim Hochsprung, einen Unfall erlitten. Sie schildert das Procedere, das ja nur zu bekannt ist – es dauert, man wird von A nach B geschoben, das Blutdruckmessgerät pumpt sich immer mal wieder auf. Victoria hat Zeit, über alles mögliche nachzudenken. Auch über die mögliche Schwangerschaft nach einem One-Night-Stand; denn ihr ist häufig übel und schwindelig. Die Notaufnahmenärztin ist freundlich. Als Victoria, mit nur einem verstauchten Bein, los will, wird ihr schwindelig. Die Ärztin veranlasst ein Schädel-CT, um Verletzungen am Kopf auszuschließen.
Und dann hört Victoria das Wort „Raumforderung“ – in ihrem Gehirn.
Versteht sie erst mal nicht.
Auflösung: Tumor.
Sie muss für diese Nacht im Krankenhaus bleiben. Da ihr Vater auf einer Tagung irgendwo in der Welt rumgondelt, überlegt sie, wer ihr ihre Sachen ins Krankenhaus bringen kann:
- die Trainerin?
- jemand aus ihrer Party-Clique?
Alles nicht so das Wahre. Aber da gibt es noch Theo, der ihr Nachhilfe in Mathe gibt. Ihn funkt sie an und er macht’s – bringt neben den gewünschten Klamotten auch noch das Aufladekabel fürs Handy mit und das Buch vom Nachttisch. Der denkt echt mit.
Und am nächsten Tag begleitet er Victoria, die inzwischen eine weitere Untersuchung hinter sich hat, zum Arzt. Und macht Notizen. Victoria kriegt nichts mit und ist völlig überrascht, dass sie das Krankenhaus verlassen soll.
Theo erklärt es ihr – der Tumor ist gutartig, liegt aber so, dass sie innerhalb eines Jahres sterben würde. Im Allgemeinkrankenhaus kann man nichts für sie tun; der Arzt hat einen Termin in einer Spezialklinik in Berlin für sie arrangiert. Sie muss sich „nur“ dazu entschließen.
PS: Die OP ist gefährlich. Die Entscheidungsfindung zieht sich ein Weilchen …
Nachdem Victoria sich zur OP entschieden hat, fahren sie und Theo in seinem alten Auto gen Berlin – über Land
Könnte ganz idyllisch sein, wenn nicht „Horst“, der Tumor, Zicken machte.
Und wenn da nicht die unaufgearbeitete Geschichte mit Victorias Mutter wäre.
Ich will nicht spoilern, aber Heike Abidi hat sich da eine nette List einfallen lassen – genauer gesagt eine Bucket List.
Wie erzählt Heike Abidi?
Gewohnt locker – die 18-jährige Victoria ist sehr glaubwürdig (so weit ich das als mittelalte Frau beurteilen kann …).
Die starken Gefühle von Victoria und Theo kommen vor allem im gemeinsamen Tun zum Ausdruck – besonders heulen und lachen.
Eine Besonderheit: Das Buch ist aus der Ich-Perspektive erzählt. Bei Krimis ist es in der Regel so:
Ich-Perspektive + Spannung = Ich-Protagonisti_in überlebt’s.
Das ist hier ja durchaus auch die Frage.
Was macht Heike Abidi?
Verrat ich nicht – nur so viel: Ich finds elegant.
Heike Abidi: Bevor wir alles verlieren, Friedrich Oetinger Verlag, Hamburg, 2021, ISBN: 9783969760222
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