Besprechung von Buch und Ausstellung „Die Zisterzienser“

Besprechung von Buch und Ausstellung „Die Zisterzienser“
Ausstellung Die Zisterzienser Bonn
Gleich geht es los – mit einer Führung durch die Ausstellung „Die Zisrterzienser“ in Bonn

Einen Ausstellungskatalog, bzw. das „Begleitbuch zur Ausstellung“, zu besprechen, ohne die Ausstellung gesehen zu haben, ist natürlich ein Ding der Unmöglichkeit. So habe ich mich also auf den Weg nach Bonn gemacht und mir die Ausstellung „Die Zisterzienser“ angeschaut. Sie lohnt sich wirklich.

Die Ausstellung „Die Zisterzeinser“

Neben einem kurzen – stummen – Film über die Ausbreitung der Zisterzienserklöster im Mittelalter besteht der Einstieg ins Thema aus einem Puzzle im Eingangsbereich: Eine Fensterrosette der Klosterkirche in Altenberg liegt auf dem Boden und gewährt Einblicke in die Steinmetzarbeiten des Mittelalters. Kleine Suche: Steinmetzzeichen finden, mit deren Hilfe die Arbeiter abrechnen konnten

In der ersten Etage heißt das Thema zum Einstieg „Kirche“. Dazu gehören in erster Linie die Ausstattungsgegenstände:

  • Vortragekreuz
  • Statuen
  • Reliquiengefäße
  • Altarbilder

Und vieles mehr. Die ursprüngliche Idee einer sehr schlichten Ausstattung war bereits nach knapp zwei Jahrhunderten Geschichte. Allerdings nicht ohne plausible Argumente. 😉 Da Maria ja die Himmelskönigin ist, ist eine Darstellung in moderner höfischer Kleidung geboten – so erklärt sich die Darstellung der schönen „Madonna auf der Mondsichel“ aus dem Kloster Eberbach, die um 1415 entstand.

Die „Klausur“

Der nächste Klosterbereich, der in der Ausstellung vermittelt wird, ist die „Klausur“  Und da bietet die Ausstellung dem Buch gegenüber tatsächlich einige Vorteile. Die Baugeschichte des Klosters Altenberg wird in einer Animation dargestellt. Im Buch findet sich dazu ein – natürlich ausführlicherer – Abschnitt Text mit Bebilderung. Was die Animation aber besonders ansprechend und hübsch macht, ist die Idee, die Fundstücke, die in der Animation farblich herausgestellt werden, mittels wandernder Lichter vom Bildschirm zu den Ausstellungsstelen hervorzuheben.

Während im Katalog vor allem die Ausstellungsgegenstände detailliert vorgestellt werden, gibt es in der Ausstellung selber Exponate, die im Buch nicht erwähnt werden, die aber das Klosterleben anschaulich machen. So ist in einer Nische ein Tisch gedeckt, auf dem das übliche Essen zu sehen ist: Getreide und Hülsenfrüchte, je nach Saison auch Obst und Gemüse. Zur Regel gehört: Kein Fett! Es war eine karge Kost und die Mönche erreichten nur selten ein Alter über 35 Jahre. Auch ein Bett, wie es im Dormitorium, dem Schlafsaal, gestanden haben mochte, ist zu sehen: ein Holzgestell mit einem Brett, darüber eine dünne, mit Stroh gefüllte Matratze. Geschlafen wurde im Habit – auch das ist ausgestellt -, denn schließlich war die Nachtruhe kurz. An der Wand wird der Tagesablauf der Mönche mit einem Kreisdiagramm dargestellt, unterschieden nach Sommer und Winter, Arbeitszeiten, Gebetszeiten, Ruhezeiten, Mahlzeiten – alles durchgetaktet und ziemlich gleichbleibend in der wenigen Ruhezeit, die ihnen gewährt wurde. Schlafmangel und Mangelernährung als Kennzeichen klösterlichen Lebens werden hier fühlbar.

Natürlich gibt es eine ganze Menge interessanter Gegenstände, die mithilfe der Schilder, des Begleitheftes oder eben auch des Begleitbuchs zur Ausstellung erkundet werden können.

Die Zisterzienserinnen

Ausstellung Die Zisterzienser Kreuzigungsrelief Frauengruppe Nonnen
Ausschnitt aus dem Kreuzigungsrelief – der Konvent

Eindrucksvoll ist auch die Darstellung der zisterziensischen Frauenklöster. Deren absolute und lebenslange Klausur wird durch ein Minimum an Privatsphäre, wie es eine Einzelzelle zu bieten hat, etwas gemildert (die Mönche schlliefen dagegen alle im Schlafsaal – das konnten schon mal mehr als 100 sein …). Auch ein wenig Privatbesitz war den Nonnen vergönnt – eine der dazu dienenden Truhen findet sich in der Ausstellung. Gerade der Gedanke der absoluten Klausur der Nonnen ließ mich mit Faszination auf das Kreuzigungsrelief von 1530 schauen – sehen Sie so wie ich die neugierigen Blicke einiger der Nonnen hinaus in die Welt?

Das „Skriptorium“

Besonders schön gemacht ist auch das „Skriptorium“; in einem nur gering beleuchteten Raum liegen die kostbaren Originale in den Vitrinen – Graduale, Evangelien und das Korrektur-Buch – hierin wurden alle Änderungen der Regel notiert und bei der jährlichen Zusammenkunft musten die Abgeordneten nachschauen, ob in ihren Exemplaren Fehler enthalten oder sonstige Änderungen zu erledigen sind. Doch es besteht die Möglichkeit, sich die Buchkunst der Zisterzienser näher zu betrachten, denn im Nebenraum finden sich Faksimiles zum Blättern.

Das Begleitbuch zur Ausstellung bietet nicht nur die Beschreibungen der ausgestellten Kunstwerke und Alltagsgegenstände, sondern auch Berichte aus der aktuellen Forschung sowie Essays zu den Themen rings um das Phänomen der weißen Mönche. Auch sie sind mit Bildmaterial aus der Ausstellung illustriert. Insgesamt bieten diese wissenschaftlichen Texte zu den unterschiedlichsten Aspekten der Zisterzienser gute Einblicke.

Ausstellung Die Zisterzienser Faksimile
Eins der als Faksimile ausliegenden Bücher – was für Handschriften!
Ausstellung die Zisterzeinser Faksimile, Graduale
Auch „Gesangbücher“ werden gezeigt – ein Graduale

Der letzte Abschnitt des Buches ist den Klöstern gewidmet, aus denen die Ausstellungsgegenstände stammen. Es sind kurze Porträts, die die Geschichten der einzelnen Abteien von der Gründung bis heute nachzeichnen.

Dieses Begleitbuch zur Ausstellung ist auf jeden Fall auch noch lange nach Ende der Ausstellung eine spannende Quelle für die, die sich für die Geschichte des Mönchtums, besonders der Zisterzienser, interessieren.

Die Zisterzienser, hrsg. vom LVR-LandesMuseum Bonn, Darmstadt, 2017, ISBN: 9783806234923

Die Ausstellung können Sie noch bis zum 28.1.2018 in Bonn besuchen. Auf der genannten Seite können Sie auch das Begleitheft und das Kinderheft zur Ausstellung als PDF herunterladen; beide sehr gelungen.

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

2 Comments

  • LVR-LandesMuseum Bonn

    18. August 2017 at 11:00 Antworten

    Liebe Frau Baller,
    ganz herzlichen Dank für die schöne Besprechung unserer Ausstellung. Wir haben uns sehr gefreut.
    Mit herzlichen Grüßen
    Stephanie Müller (LVR-LandesMuseum Bonn)

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