Als ich ein kleiner Junge war von Erich Kästner

Als ich ein kleiner Junge war von Erich Kästner

Vermutlich kennen die meisten von Ihnen wie ich diese oder eine ähnliche Ausgabe von „Als ich ein kleiner Junge war“:

Buchdeckel zu Als ich ein kleiner Junge war - aus den 70ern.
„Als ich ein kleiner Junge war“ in der Ausgabe eines Kinderbuch-Verlags

Es gehörte zu den Kinderbüchern, die meine Eltern meiner Großmutter zu schenken aufgetragen haben – in wenigen Jahren hatte ich mit Weihnachts- und Geburtstagsgeschenken fast alle Kinderbücher von Erich Kästner im Regal.

Nun fand ich vor ein paar Tagen dies hier in unserem Bücherschrank im Veedel:

Blick auf eine Bücherkassette Kästner für Erwachsene 8 Bände in grünem Leinem
„Kästner für Erwachsene“ in 8 Bänden – die Kassette etwas vergilbt, die Bücher nicht.

Und das hier im Inhaltsverzeichnis:

Inhaltsverzeichnis zu Als ich ein kleiner Junge waar bei den Romanen für Erwachsene
„Als ich ein kleiner Junge war“ unter den Romanen für Erwachsene

Huch!

Aber dann auch: Da ist was dran.

Denken Sie nur an die Weihnachtsgeschichte darin

Als ich im Inhaltsverzeichnis danach suchte, musste ich erst überlegen, denn passenderweise heißt das Kapitel nix mit Weihnachten, sondern „Ein Kind hat Kummer“.

Erich Kästner schildert darin die gescheiterte Ehe seiner Eltern.

Aus der Sicht eines Kindes.

Und mit Details in dem Teil mit Weihnachten, die mich schon als Kind gerührt haben:

  • diese liebevollen Basteleien des Vaters
  • dieses wunderbare Spielzeug
  • die Besorgungen – auch im Sinne von „sich sorgen um“ – der Mutter
  • und dann dieses „mein Versuch, glücklich zu lächeln“ (S. 121)

Ja, das hat mich schon als Kind berührt. Die Gedanken zu Beginn des Kapitels über Einzelkind oder Geschwister – als Einzelkind mit einer großen Schar an Cousins und Cousinen konnte ich das gut nachvollziehen.

Der zweite Teil des Kapitels ist noch düsterer – eine suizidgefährdete Mutter. Eine schwere Last für ein Kind. Und dann die Szene im „Sanatorium“ – eine demente Mutter, die ihr Ein und Alles, ihren erwachsenen Sohn, nicht erkennt. Ein Thema, das heute im Alltag vorkommt; in meiner Kindheit war das kein Thema.

Trotz aller Bitterkeit auf diesen 12 Seiten schafft Erich Kästner es trotzdem, einen Hauch an Zuversicht zu verbreiten. Da ist die Liebe der beiden Erwachsenen – spürbar in Geschenken. Da ist der Trost, den der Hausarzt dem kleinen Jungen Erich mitgibt – „Auch wenn sie alles um sich her vergißt (sic!), wird ihr Herz an dich denken.“ (S. 128) -, an den er sich als erwachsener Mann im Zimmer seiner dementen Mutter erinnert.

Die Mischung aus Bitterem, Schwerem und diesem Hauch Leichtigkeit ist wohl der Grund, warum dieses Buch für alle lesenswert ist – Kinder und Erwachsene.

Erich Kästner: Als ich ein kleiner Junge war, Atrium Verlag, Zürich, 1957, in einer Lizenz-Ausgabe des Cecilie Dressler Verlags, 16. Auflage 1974

Die Stadt-Bibliothek Köln führt das Buch unter Kinderbüchern.

PS: Wie sehr mir das Buch nachgegangen ist, habe ich u.a. daran gemerkt, dass ich den Wiederaufbau historischer Bausubstanz in Dresden immer mit dem Satz verknüpft habe: „Die Stadt Dresden gibt es nicht mehr.“ (S. 49)

Published byHeike Baller

Bis zum Morgen schmökern, Kissen nass weinen, bei der Bahnfahrt mal eben los gackern – das alles und noch einiges mehr bedeutet Lesen für mich. Naja, die Nächte lese ich nur noch selten durch, da melden sich doch zu penetrant die erwachsenen Bedenken in Sachen „Wecker am Morgen“ … Aber in der Bahn können Sie mich immer mal wieder grinsend oder kichernd erleben. Mit einem Buch vor der Nase. Da ich außerdem gerne mit anderen über das, was ich gelesen habe, diskutiere, habe ich dieses Blog gestartet. Leselust, das ist es, was mich antreibt, immer neue Bücher zu kaufen, zu leihen und vor allem zu lesen. – Vorlesen tu ich übrigens auch gern.

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