Inhalt des Beitrags
Der Autor Karl-Markus Gauß war mir bisher völlig unbekannt, doch der Titel seines Buches hat mich interessiert. Ich bekam jedoch etwas völlig anderes, als das, was ich erwartete.
Wovon berichtet Karl-Markus Gauß?
Der Anfang entsprach ungefähr dem, was ich mir vorgestellt: Karl-Markus Gauß wählte einen Gegenstand aus der zuvor beschriebenen Wohnung und widmete sich ihm. Der Gegenstand wurde beschrieben, ebenso seine Funktion – und dann kam der Herstellername ins Spiel. Von da an folgte der Autor der dazugehörigen Firma und fand einiges über sie heraus. Der nächste Schritt führte ihn dann aber – ziemlich assoziativ – zu einer anderen Firma mit ähnlichem Fürsorge-Konzept. Und damit weit aus dem Zimmer heraus, denn er beschrieb eine Reise.
Neben Ausflügen in die Familiengeschichte befasst sich Karl-Markus Gauß auch mit historischen Themen – und da besonders mit Xavier de Maistre. Dieser Vertreter des Ancien Régime hat aufgrund eines Zimmerarrestes ein ähnliches Buch verfasst. Von daher gebührt ihm ein ausführlicher Platz im aktuellen Buch.
So ging es im Grunde weiter. Das mit dem Stichwort „Reise“ aus dem Titel stimmt schon ziemlich mit dem überein, was in dem Buch zu finden ist.
Neben den von Gegenständen ausgelösten Recherchen, Beschreibungen und weiterführende Betrachtungen schildert Karl-Markus Gauß aber auch Alltägliches aus seiner Familie, Hintergründe der Familiengeschichte und sehr persönliche einzelne Momente.
Wie schreibt Karl-Markus Gauß?
Ich mag seinen Stil. Er baut gut lesbare, mehrschichtige lange Sätze:
Mit dem dritten, den sie davon unterrichtet haben soll, dass sie ihn nicht liebe, führte sie dann eine vorbildliche Ehe, zu der in wechselnden Städten, in denen ihr adeliger Mann als hoher Beamter tätig war, auch die Salons gehörten, die sie führte, als gewinnende, vielbewunderte Gastgeberin, die es liebte, freie Geister von nah und fern zusammenzubringen.
(S. 51)
Hinter dieser Beschreibung verbirgt sich Sophie von La Roche.
Mit detaillierten Beschreibungen versteht es Karl-Markus Gauß, mich in sein Erleben hinein zu holen:
Ich erwachte früh, weil es zu regnen aufgehört hatte und das Getrommel auf dem Kupferdach mich nicht mehr durch den Schlaf geleitete. Ich liebe den nächtlichen Regen, der mich nicht durchnässt, sondern drei Meter über mir aufs Dach trommelt, unter dem ich liege, ich lausche ihm beim Einschlafen und freue mich, wenn ich im Halbschlaf die Lage wechsle und ihm höre, beständig und regelmäßig, manchmal zu heftiger Kraft sich beschleunigend, sodass der Ton der Trommeln höher wird, und manchmal rede ich mir ein, dass sie es sind, die das Tempo, aber auch die innere Entwicklung meiner Träume beeinflussen.
(S. 166)
Wo ich Neues gelernt habe
Zimmer und Haus, von denen Karl-Markus Gauß erzählt, stehen in Salzburg. Seine Familiengeschichte führt vom Balkan und Südtirol dorthin. Ich war einmal in meinem Leben Südtirol. Aber ich war noch in keinem der Balkanländer. Von daher sind mir die Orte, die Natur und Wetterphänomene dort völlig unbekannt. Doch Karl-Markus Gauß ist dort häufiger. Und so präzis er die Phänomene in seinem Zimmer schildert, so präzise und detailliert geht er auch bei den Beschreibungen der Orte vor, die er in Südosteuropa besucht. Da ist bei mir durchaus der Wunsch aufgekommen, dass alles auf einmal zu sehen.
Karl-Markus Gauß: Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer, Paul Zsolny Verlag, Wien, 20202, ISBN: 9783552059238
Die Stadtbibliothek öln hält das Buch in gedruckter Form und als E-Book vor.
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