Inhalt des Beitrags
2024 ist das Jahr der Jubiläen rund um Erich Kästner:
- am 23. Februar war es 125. Geburtstag
- heute ist sein 50. Todestag
- im Oktober wird sein erstes Kinderbuch „Emil und die Detektive“ 95
Wie Sie wissen, habe ich in diesem Jahr einen meiner Vorträge genau diesem Erich Kästner gewidmet. Außerdem habe ich bereits Bücher von und über ihn rezensiert und kann Ihnen versprechen, dass da noch was kommt.
Erich Kästner in seinen letzten Jahren
Nach 1945 ist nicht mehr so viel von ihm erschienen, wie in den fünf Jahren seines großen Erfolges, bevor die Nazis ihn verbaten und seine Bücher verbrannten. Nichtsdestoweniger hat er auch in dieser Zeit sehr viel geschrieben. Doch erlangt aus dieser Zeit nur weniges die gleiche Popularität wie die Gedichtbände aus den Zwanzigern.
Der Kleine Mann
Am populärsten wurden die Bücher rund um den Kleinen Mann. Eine Folge von Geschichten, die Erich Kästner für seinen Sohn Thomas ersann. Mir war schon relativ früh klar, dass das mit den Größenbezeichnungen nun wirklich nicht hinkommen kann: Kinder der vierten Klasse sind natürlich grösser sind als 50 Zentimeter … Doch dieser Stolperstein nahm den Büchern für mich nichts von ihrer Faszination. Ein fünf Zentimeter kleiner Junge verliert seine Eltern – zu denen die oben kritisierte Beschreibung gehört – und findet in einem väterlichen Freund einen Mentor, der seine Fähigkeiten fördert, ihn experimentieren lässt. Ist Ihnen einmal aufgefallen, dass in den Illustrationen von Horst Lemke eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Erich Kästner und Jokus von Pokus existiert? Da der Autor sicher Einspruch hätte erheben können, wenn er etwas dagegen einzuwenden gehabt hätte, gehe ich davon aus, dass diese Darstellung ihm passte. Vielleicht sah er sich selber in der Rolle des Zirkus-Zauberkünstlers, der den kleinen Mann nicht nur berühmt machte, sondern es ihm auch ermöglichte, ein relativ normales Leben zu führen. Wer hätte als Kind nicht gerne einen Erziehungsberechtigten wie Jokus von Pokus?
Gut, ja, das Frauenbild … Die Frauenfiguren von Erich Kästner entsprechen nicht dem, was ich als moderne Frau für normal erachte. Der Name Rosa Marzipan spricht da ja, um mit Mascha Kaléko zu sprechen, „Bibliotheken“.
Der Jahreskreis bei Kästner
Kennen Sie den Gedichtzyklus „Die 13 Monate“ von Erich Kästner? Und ja, „13 Monate“ stimmt. Natürlich hat das Jahr nur 12. Aber Erich Kästner hat sich darüber Gedanken gemacht, wie ein „Schaltmonat“ aussehen könnte, der das Beste der anderen 12 in sich vereint. Es gibt ihn nicht, das weiß er auch und gesteht es am Ende auch ein. Seine Schilderung der 12 realen Monate – ach ja, so sollten sie sein. Besonders der Mai … Nein auch in Kästners lyrischen Jahr hängt der Himmel nicht ständig voller Geigen. Aber idealtypisch sind seine Monate schon. Und sprachlich höchst virtuos! Sollten Sie sie noch nicht kennen, rate ich Ihnen dringend, ihre Bekanntschaft zu machen
Weniger populär …
Das Theaterstück „Die Schule der Diktatoren“ war Erich Kästner sehr wichtig. Es ist 1956 erschienen. Eine Gruppe von Hintermännern hält sich, wie Nutzvieh, mehrere Doppelgänger des Präsidenten. Seine Witwe und sein Sohn müssen deren Authentizität bezeugen. Wie vieles von dem, was Kästner für Erwachsene schrieb, ist auch hier kaum Hoffnung zu spüren. Es ist auch ein bissen „Man spürt die Absicht und ist verstimmt“, obwohl er sich bemühte, deutlich eine allgemeine Aussage zu politischer Verführbarkeit zu machen und nicht nur auf die Nazi-Zeit abzuzielen. So wirklich populär wurde dieses Theaterstück nicht.
Statt des großen Romans über die Nazizeit schrieb Kästner im Jahr 1961 das Bändchen „Notabene 45“. Die Grundlage dafür ist das Blaue Buch, in das er während der Kriegszeit verschiedene Notizen und Ideen sammelte, aus denen eben später ein Werk über die Diktaturzeit entstehen sollte. Das Blaue Buch ist erst 2018 vollständig erschienen. Hält man es gegen „Notabene 45“ wird deutlich, wie stark Erich Kästner eingegriffen hat, um seine Weltsicht und politische Überzeugung deutlich zu machen. Er war und blieb Anti-Militarist.
Die Nacherzählungen
Baron von Münchhausen ist ja als Lügenbaron wohlbekannt. Mein erster Kontakt fand in der Nacherzählung durch Erich Kästner statt. Die anderen Nacherzählungen kenne ich nur dem Titelbild nach. Bereits 1938 erschien die erste – „Till Eulenspiegel“. Insgesamt hat er sechs davon geschrieben, darunter als Märchen “Der gestiefelte Kater“ und als Literaturklassiker „Don Quichotte“. Der Publikationszeitraum umfasst dann die 50er Jahre – der letzte Band erschien 1961.
Lebensumstände
Erich Kästner wurde zunehmend resigniert – das Schreiben fiel ihm schwerer, die politischen Auseinandersetzungen frustrierten ihn und außerdem war er krank. Wegen einer Tuberkulose verbrachte er einige Zeit in der Schweiz (nicht, dass das etwas seinen Lebensstil geändert hätte … auch dort war der Whisky sein täglicher Begleiter.) Ja, der Genuss von Alkohol und Zigaretten war rekordverdächtig. Die Schlussfolgerungen überlasse ich Ihnen. So ist es verständlich, dass er in den 60er Jahren nicht mehr so viel schrieb und veöffentlichte. Die Klappe hielt er deshalb noch lange nicht, ging auf Friedensdemonstration und hielt eine Menge Reden gegen Aufrüstung, Atomwaffen und Vietnam-Krieg. Gegen Ende seines Lebens erkrankte er dann an Krebs. Man kann sich vorstellen, dass diese letzten Jahre keine Freude waren. Am 29. Juli 1974 starb Erich Kästner, ein Sprachvirtuose, ein Moralist, ein Kinderfreund, ein überaus kritischer Zeitgenosse.
Ein bisschen Werbung
In meinem oben erwähnten Vortrag, inspiriert vom 50. Todestag von Erich Kästner, gehe ich seinem Leben etwas detaillierter nach und illustriere sein Schreiben mit vielen, teils eher weniger bekannten, Texten aus seiner Schreibmaschine. Im Veranstaltungskalender meiner Website Profi-Wissen finden Sie neben den Terminen für meine Seminare auch die für meine Lesungen. Ich werde im Herbst noch mindestens drei Mal hier in Köln diesen Vortrag halten. Darauf freue ich mich. Sollten Sie einen Veranstaltungsort kennen, zu dem ein solcher Vortrag passt, freue ich mich über Anfragen.
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